Verbraucher verunsichert
Tönnies: So können Verbraucher die Fleisch-Produkte im Supermarkt erkennen
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Viele Menschen fragen sich, ob sie noch Fleisch von Tönnies kaufen sollen. Aber wie erkennt man es und in welchen Produkten steckt's? Wir geben Tipps.
NRW/Rheda-Wiedenbrück - Es steckt in den Eigenmarken von Aldi und Lidl, in Tillmann's Toastys, in Böcklunder Würstchen oder in der Wurst von Zimbo und Gutfried - das Fleisch aus den Schlachtereibetrieben von Tönnies. Wer auf Produkte verzichten will, die Fleisch aus der Fabrik enthalten, in der sich 2020 über 1500 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infizierten, muss genau hinschauen. Denn über Umwege gelangt das Fleisch in so manche Produkte.
Unternehmen: | Tönnies Holding GmbH & Co. KG |
Zentrale: | Rheda-Wiedenbrück |
Mitarbeiterzahl: | 9007 (2018) |
Gründung: | 1971 |
Geschäftsfeld: | Lebensmittelindustrie, Schlachtbetrieb für Schweine, Verarbeitung von Schweine- und Rinderfleisch, Wurstwaren |
Marktanteil: | 27 Prozent beim Schweinefleisch |
Die Folgen des Coronavirus-Ausbruchs bei Tönnies waren gravierend. 1553 Mitarbeiter wurden nachweislich infiziert und für die ganze Region im Norden von NRW galten strenge Maßnahmen: Es wurde ein Lockdown für den Kreis Gütersloh verhängt. Und viele Verbraucher fragten sich: Kann ich Fleisch und Wurst aus dem Schlachtbetrieb von Clemens Tönnies, der auf Schalke zurückgetreten ist, noch kaufen?
Fleisch von Tönnies: Ansteckung mit Coronavirus unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen
Dabei geht es zum einen um eine mögliche Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus über den Verzehr von Wurst und Fleisch von Tönnies. Zum anderen aber auch darum, dass viele Käufer auch aus ethischen Gründen nun auf die Produkte verzichten möchten.
Denn die immens niedrigen Preise für Wurst- und Fleischwaren sind offenbar - neben der immer wieder in der Kritik stehenden Tierhaltung - nur durch prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter in der Fleischindustrie möglich.
Tönnies: Coronavirus auf dem Fleisch
Zumindest bezüglich der Ansteckungsgefahr geben die meisten Experten derzeit Entwarnung. So heißt es vonseiten der Verbraucherzentrale NRW: Nach derzeitigem Wissensstand sei es unwahrscheinlich, dass Lebensmittel Quelle einer Infektion mit dem Virus sein könnten. Es gebe keine nachgewiesenen Fälle, in denen sich Menschen durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel mit dem Coronavirus infiziert hätten.
Allerdings gibt es auch einzelne Stimmen, die vor dem Fleisch warnen. So soll der Chef des Hygieneinstituts in Berlin, Prof. Klaus-Dieter Zastrow, gegenüber der Bild geäußert haben, dass Fleisch sei "brandgefährlich", da das Fleisch mit Arbeitern in Kontakt gekommen sei, welche mit dem Coronavirus infiziert sind.
Tönnies: Aldi und Lidl haben Fleisch des Betriebs im Sortiment
Was bleibt, sind die Umstände, unter denen die Fleisch- und Wurstwaren produziert werden. Die Arbeiter leben oft in überfüllten Sammelunterkünften. Der Lohn ist mager und Abstands- und Hygieneregeln sind in den Betrieben offenbar nur schwerlich einzuhalten. Umstände, die seit langem so bestehen. Doch seit dem heftigen Corona-Ausbruch bei Tönnies werden sie auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen.
Das Unternehmen Tönnies mit Hauptsitz in Rheda-Wiedenbrück (NRW) schlachtet vor allem Schweine. Laut Unternehmenswebsite produziert Tönnies 850 Tonnen Tiefkühl- und Frischfleisch pro Tag.
Dabei findet von der Schlachtung, über die Zerlegung der Tiere bis hin zum verpackten Produkt alles an einem Standort statt. Mit den fertigen Produkten werden vor allem Aldi, der seine Preise zusätzlich zur Mehrwertsteuersenkung noch weiter senkt, und Lidl beliefert. Aber auch in anderen Produkten steckt das Fleisch von Tönnies.
Wie lange das noch so bleibt, ist allerdings fraglich. Viele Supermärkte, darunter Rewe, Aldi und Edeka, haben angekündigt, die Zusammenarbeit mit Tönnies einschränken zu wollen. Lidl will sie sogar komplett stoppen.
Marke, die zu Tönnies gehören - Neben Aldi und Lidl auch Zimbo oder Gutfried
Diese Marken und Eigenmarken enthalten Fleisch aus der Tönnies-Fabrik und werden in vielen Supermärkten wie zum Beispiel bei Aldi, Lidl, aber auch bei Edeka oder Rewe verkauft:
- Tillmann’s (z.B. Toasty)
- Landjunker (Eigenmarke Lidl)
- Meine Metzgerei (Eigenmarke Aldi Süd)
- Zur Mühlen Gruppe (z.B. Böcklunder Würstchen)
Besonders schwer durchschaubar, welche Produkte Fleisch aus den Betrieben von Tönnies enthalten, ist es für Verbraucher bei den Produkten der "Zur Mühlen Gruppe". Denn von dem Hersteller von Fleisch und Wurstwaren stammen in Deutschland wiederum diese Marken:
- Gutfried
- Zimbo
- Böklunder
- Lutz
- Könecke
- Redlefsen
- Schulte
Ich wollte mein Kaufverhalten ändern, um kein schlechtes Gewissen mehr zu haben. Die folgenden #toennies Marken kenne ich. Weiß jemand noch ein paar, die ich persönlich nicht mehr kaufen werde. pic.twitter.com/b7oEc6P3Gz
— Corvus albus (@DerGriesheimer) June 20, 2020
Laut Verbraucherzentrale würden zudem drei Kennzeichen auf den Produkten auf Fleisch vom Tönnies-Konzern hindeuten: NW 20202 EG, NW 20028 EG, NW 20045 EG. Stiftung Warentest hat derweil Schweinefleisch unter die Lupe genommen. Auch Produkte von Tönnies waren dabei.
Bewertungen im Internet können verwirrend sein - doch Vorsicht: Es gibt viele Fake-Bewertungen bei Amazon und anderen Anbietern. So Sind sie zu erkennen. Der Discounter Aldi warnt aktuell sogar davor, Fleisch zu kaufen.
Häufung von Coronavirus-Fällen auch in anderen Schlachtbetrieben
Nach Angaben des NDR arbeiten 100.000 Menschen in Deutschland in der Fleischindustrie - beim Branchenriesen Tönnies, bei Westfleisch oder auch bei Vion und Danish Crown. Auch bei Westfleisch gab es eine Häufung von Coronavirus-Infektionen. Allerdings nicht in der Größenordnung wie nun bei Tönnies.
Die Umstände, unter denen in erster Linie Leiharbeiter am Fließband Schweine zerlegen, ist aber in allen industriellen Fleischverarbeitungsbetrieben ähnlich.
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