Wechsel des Versorgers?
Strom- und Gaspreise vor Verdoppelung: Anbieterwechsel könnte Vorteil bringen
Die Energiepreise (Strom und Gas) drohen, sich zu verdoppeln. Lohnt es sich für Kunden, über einen Anbieterwechsel nachzudenken?
Dortmund – Die Aussage von Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der kommunalen Unternehmen (Stadtwerke), in der Neuen Osnabrücker Zeitung hinterlässt Spuren. Aus seiner Sicht verdoppeln sich die Preise für Strom und Gas im Jahr 2023. Lohnt sich für Kunden jetzt ein Anbieterwechsel? Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW gibt im Gespräch mit RUHR24 Antwort auf diese Frage.
Strom- und Gaspreise vor Verdoppelung – aktuell ist ein günstiger Zeitpunkt für einen Anbieterwechsel
Aktuell sei zumindest ein günstiger Zeitpunkt, um über einen Anbieterwechsel nachzudenken, sagt die Energieexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Allerdings bedeute das nicht automatisch, dass man den Stadtwerken den Rücken kehren sollte. Möglicherweise haben Grundversorger gar ein besseres Angebot und Service (mehr News aus dem Ratbeger-Ressort bei RUHR24).
Zunächst stellt sich die Frage, ob überhaupt Bedarf besteht, von den Stadtwerken zu einem Alternativanbieter zu wechseln. Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW ist es keineswegs gesichert, dass sich die Strompreise 2023 verdoppeln. Bei Gas könne es jedoch so kommen.
Aber was sind die Vor- und Nachteile, um bei den Stadtwerken zu bleiben oder gar von alternativen Anbieter dorthin zu wechseln? Das, so Wallraf, müsse natürlich im Endeffekt jeder für sich entscheiden.
Strom- und Gaspreise verdoppeln – Stadtwerke haben zahlreiche Vorteile für Kunden
Bei der Verbraucherzentrale habe man in den vergangenen Jahren unterschiedliche Geschichten von Kunden in Sachen Strom- und Gasanbieter aufgenommen. Es komme darauf an, welche Erfahrungen man als Kunde mit Stadtwerken gemacht hat. Hat es günstige Preise gegeben? Hat man vor Ort einen guten Service gehabt? Ist man mit der Politik der Stadtwerke einverstanden? Sind aktuelle Preiserhöhungen moderat oder übertrieben? Hat man sich gut aufgehoben gefühlt?
„Natürlich gibt es auch Kunden, die trotz einer Erhöhung der Gas- und Strompreise den Stadtwerken aufgrund von Vertrauen und positiver Gegebenheiten die Treue halten“, sagt Christina Wallraf gegenüber RUHR24. Vielen Kunden seien auch die regionalen Strukturen und Sichtbarkeit vor Ort wichtig.
Neukunden versus Bestandskunden bei Strom
Nach Informationen der Verbraucherzentrale NRW hat es im letzten Quartal 2022 zahlreiche Preisunterschiede zwischen Neu- und Bestandskunden gegeben. Beispielsweise haben die Stadtwerke Bochum GmbH einen Preis von 58,31 Cent pro Kilowattstunde für Neukunden und 30,27 Cent pro Kilowattstunde für Bestandskunden genommen. In Dortmund lag der Preis sowohl für Neu- als auch für Bestandskunden bei 45,39 Cent. Die Stadtwerke Lübbecke haben Neukunden 70,15 Cent abknöpfen wollen, während Bestandskunden lediglich 36,18 Cent bezahlt haben. Allerdings sind solche Preisunterschiede seit November 2022 nicht mehr erlaubt.
Allerdings gibt es auch Argumente, die gegen Stadtwerke als Grundversorger sprechen. Anfang 2023 hat es ein Preisniveau in NRW beim Strom zwischen 30 und 84 Cent gegeben. Es klafft eine immense Preislücke, bei der einige Stadtwerke negativ auffallen. Zudem habe es individuelle Fälle von Kunden gegeben, die beispielsweise mit Sponsoring-Aktivitäten und gleichzeitigen Preiserhöhungen nicht einverstanden waren.
Die Energieexpertin der Verbraucherzentrale argumentiert gegenüber RUHR24, dass auch die negativen Kundenerfahrungen immer individuelle Gründe haben. So spielen Mitarbeitermangel, Fehlkalkulation, Mehrarbeit im Zuge der Energiekrise und Fehlentscheidungen eine Rolle.
Strom- und Gaspreise vor Verdoppelung – Discounter können günstiger sein
Welche Vor- und Nachteile haben alternative Anbieter? Discounter können eventuell günstiger Energie einkaufen, haben dann aber nur Kundenservice via Internet. Zudem gab es Fälle von Insolvenzen, bei denen Kunden Geld verloren haben. Bei der Frage, ob sich ein Anbieterwechsel lohnt, gibt es aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW keine allgemeingültige Antwort.
Worauf müssen Kundinnen und Kunden also achten, die einen Anbieterwechsel anstreben? „Generell sollte man sich“, wie Christina Wallraf sagt, „zunächst auf Vergleichsportalen informieren.“ Es sei im weiteren Verlauf der Recherche sinnvoll, sich Bewertungen und Kommentare durchzulesen – nicht unbedingt auf den Vergleichsportalen, sondern eher auf anderen Bewertungsseiten.
Wichtig sei zudem, dass kein Geld im Voraus bezahlt wird und die Höhe der Abschläge gecheckt werden sollen. Geht ein Strom- und Gasanbieter insolvent, ist man sein Geld los. Auch sollten Kunden checken, wie gut man sich informiert fühlt. Ist beispielsweise eine Preiserhöhung nicht transparent, spricht das nicht für den Anbieter.
Strom- und Gaspreise verdoppeln – Kunden müssen individuell über einen Wechsel entscheiden
Eines ist sicher, sagt die Energieexpertin der Verbraucherzentrale NRW gegenüber RUHR24: „Die Versorgung ist für Menschen hierzulande stets gesichert. Fällt ein Anbieter mit der Versorgung von Strom und Gas aus, springt ein anderer ein.“
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