Qualität und Tierwohl im Blick
Stiftung Warentest prüft Fleisch: Zwei bekannte Discounter fallen im Test durch
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Stiftung Warentest hat die Qualität von Fleisch getestet. Überraschend war das Abschneiden der Supermärkte Edeka und Netto im Test.
- Wer Fleisch bewusst einkaufen möchte, muss dabei mehrere Dinge beachten.
- Unter anderem soll das "Tierwohl-Label" dem Verbraucher Klarheit verschaffen.
- Wie Stiftung Warentest herausfand, könnten Produzenten von Schweinefleisch sich dafür aber stärker einsetzen.
NRW - Das Einkaufen von Schweinefleisch und auch anderen Fleischsorten ist für manche mit einem Gewissensbiss verbunden. Mehr Geld für mehr Tierwohl ausgeben oder hier und da ein wenig sparen, aber dafür eine schlechtere Qualität riskieren? Die Stiftung Warentest hat nun mehrere Aspekte in Bezug auf das in Deutschland meistgekaufte Fleisch - Schweinefleisch - untersucht.
Verbraucherorganisation | 4. Dezember 1964, Berlin |
Rechtsform | Selbständige rechtsfähige Stiftung |
CEO | Hubertus Primus (seit 2. Januar 2012) |
Zentrale | Berlin |
Mitarbeiterzahl | 359 (Stand: 2018) |
Fleisch bei Stiftung Warentest: Qualität und Tierwohl im Fokus
Das Tierwohl, die Haltungsform sowie antibiotikaresistente Keime im Schweinefleisch standen bei der Untersuchung von Stiftung Warentest im Fokus. Letztere konnte die Verbraucherorganisation in immerhin zehn von 15 Produkten nachweisen. Wohl für alle Fleischliebhaber eine gute Nachricht: Keines der getesteten Nackensteaks oder Koteletts birgt eine akute Gefahr für den Menschen.
Das Schweinefleisch eines Anbieters war allerdings auffällig mit Verderbniskeimen belastet. Die Menge ist gesundheitlich zwar ebenfalls unbedenklich, kann aber auf Schwächen im Hygienemanagement hindeuten, wie sie im Zuge der Coronavirus-Krise und Ausbrüchen bei mehreren Fleischproduzenten aktuell besonders in der Kritik stehen.
Stiftung Warentest hat das Schweinefleisch noch vor der Coronavirus-Krise auf Tierwohl untersucht
Allerdings hat die Stiftung Warentest Produzenten von Schweinefleisch bereits vor dem Skandal rund um Tönnies und Co. einem sogenannten CSR-Test unterzogen. Die Corporate Social Responsibility umschreibt die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung und den freiwilligen Beitrag eines Unternehmens zu einer nachhaltigen Entwicklung, die über gesetzliche Forderungen hinausgeht.
Insgesamt zwölf Landwirte und sieben Schlachthöfe mussten sich dem Test stellen. Darunter auch das Hauptwerk von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, wo täglich 20.000 Schweine geschlachtet werden. Ergebnis der Recherche: Die Fleischproduzenten schieben die soziale Verantwortung oft an Subunternehmer ab.
Lediglich ein Schlachthof im Test arbeitet mit festen Angestellten und stellt zudem Wohnungen zur Verfügung. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen ab 1. Januar 2021 nur noch Arbeitnehmer des eigenen Betriebs schlachten und verarbeiten dürfen. Aldi warnt jetzt sogar davor, Fleisch zu kaufen.
Schweinefleisch: Stiftung Warentest hat auch das Tierwohl untersucht
Doch nicht nur den Umgang mit den Mitarbeitern der Schlachtbetriebe sieht die Stiftung Warentest kritisch. Auch das Tierwohl stand im Fokus der Untersuchung. Viele Händler informieren bereits freiwillig über die Haltungsbedingungen der Tiere, von denen das Schweinefleisch stammt (mehr Service-Artikel auf RUHR24.de).
Das bedeutet allerdings nicht, dass das Tierwohl auch wirklich gewährleistet ist. Denn das Kennzeichnungssystem "Haltungsform"(auch bekannt als Tierwohl-Label) ist in vier Stufen aufgeteilt, die höchste Stufe steht dabei für Bio-Herstellung.
Doch um die Preise niedrig zu halten fordern die großen Handelsketten von ihren Lieferanten kaum mehr als den niedrigen gesetzlichen Mindeststandard, so die Warentester. Parallel dazu boomt der Markt für vegane Ersatzprodukte. Auch Aldi präsentiert sich in dieser Hinsicht seine Doppelmoral.
Dass günstig nicht immer gut sein muss, zeigte sich auch in einem anderen Fall: Stiftung Warentest hat Smartwatches und Fitnesstracker getestet. Nur wenige Modelle konnten überzeugen.
Stiftung Warentest: Billiges Schweinefleisch auf Kosten des Tierwohls
Besonders unkooperativ und intransparent zeigte sich der größte Lebensmittelhändler Edeka und sein Tochterunternehmen Netto. Der Handelsriese machte keinerlei Angaben zur Herkunft des Schweinefleischs und oder seinen Lieferketten. Demnach fällt das Urteil gegenüber Produkten von Edeka "mangelhaft" aus. Stiftung Warentest kritisiert hier explizit, dass Edeka eine große Marktmacht besitzt, aber nicht deutlich macht, wie diese genutzt wird.
Insgesamt, so die Warentester, fristen die Schweine ein "trostloses Dasein in engen Ställen". Die meisten Tiere verbringen ihr kurzes Leben in geschlossenen Ställen mit kleinen Fenstern. Verbraucher, denen das Tierwohl am Herzen liegt, sollten demnach Fleisch von Tieren bevorzugen, die Zugang zu Frischluft, viel Bewegungsfreiheit und Beschäftigungsmaterial wie Heu hatten.
Trostloses Schweineleben: Acht Handelsketten - von Aldi bis Rewe - verlangen von Lieferanten kaum mehr als das Gesetz. Edeka gab keinerlei Auskunft und kassiert ein Mangelhaft beim Test der Unternehmensverantwortung. https://t.co/7Hu4e1rfYO pic.twitter.com/GCnpJGVCbd
— Stiftung Warentest (@warentest) June 24, 2020
Stiftung Warentest: Tierwohl und Qualität haben bei Schweinefleisch nicht unbedingt etwas miteinander zu tun
Den Testern sind zwar Unterschiede in Geschmack und Konsistenz aufgefallen, bei den 15 untersuchten Schweinefleisch-Stücken sind aber nur zwei unangenehm aufgefallen. Die Steaks der Rewe-Marke Wilhelm Brandenburg enthielten auffällig viele Verderbniskeime, was zwar nicht gesundheitlich bedenklich, aber unhygienisch ist. Die Koteletts von Norma waren zu trocken, zäh und wässrig. Beide Angebote enthielten nur die Note "ausreichend".
Alle anderen Fleischstücke waren von mindestens befriedigender Qualität. Die Testsieger: Die Bio-Steaks der Biometzgerei Pichler (Note: 1,9) und von Dennree (Note: 2,0). Schweinefleisch aus Massentierhaltung waren in puncto Fleischqualität fast gleichauf. Geschmack und Qualität des Fleisches sind daher kein Grund, den dreifachen Preis für Bio-Ware zu zahlen. Die moralische Verantwortung und das Tierwohl hingegen schon.
Rubriklistenbild: © Rolf Vennenbernd /Carmen Jaspersen/dpa; Collage: RUHR24