Konkurrent Deichmann reagiert
Schuhgeschäfte trifft Pleite-Welle – Kunden spüren Folgen beim Online-Shopping
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Die Schließungen von Görtz und Salamander könnten erst der Anfang gewesen sein. Auch die Konkurrenz hat mit Problemen zu kämpfen.
Dortmund – Das Geschäft von Schuhläden sieht mittlerweile nicht mehr allzu rosig aus. Vor allem kleinere Schuhmarken können die Auswirkungen von Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise mit zusätzlichen Heizkosten kaum noch auffangen – mit deutlichen Konsequenzen für die Verbraucher.
Schuhgeschäfte insolvent: Traditionsunternehmen Görtz musste Filialen schließen
Sich neue Schuhe zu kaufen, wird für Verbraucher immer mehr zum Luxus. Zu diesem Ergebnis kommen Experten. Die Folgen für die Unternehmen sind verheerend. So musste im September 2022 der bekannte Schuhhändler Görtz Insolvenz anmelden. Auch die zu Ara gehörige Marke Salamander ereilte durch die Insolvenz bereits ein ähnliches Schicksal. Betroffen warten 93 Filialen.
Insgesamt gab es für jedes zehnte Schuhgeschäft hierzulande nur noch die Schließung als Option, erklärt das Verbraucherportal Chip und beruft sich dabei auf den Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Textil Schuhe Lederwaren (BTE). Für die Verbraucher bedeutet das weniger Auswahl vor Ort, wodurch sie fast schon „gezwungen“ sind, online zu shoppen. Die Begründung dafür scheint auf der Hand zu liegen.
Dadurch, dass die Verbraucher durch Corona-Pandemie, Krieg und gestiegene Heizkosten weniger Geld zur Verfügung haben, verzichten sie auf nicht notwendigen Güter, wozu auch Schuhe gehören. Daher habe auch das bekannte Unternehmen Deichmann in den vergangenen Jahren mit Problemen zu kämpfen gehabt. Die Zeit der Corona-Pandemie sei laut Chip für den Konzern zwar „herausfordernd“ gewesen. Trotzdem seien die Aussichten positiv.
Nach Schließungen von Schuhgeschäften: Kann Deichmann Kunden überzeugen?
Wirtschaftswissenschaftler Andreas Hesse von der Universität Koblenz sieht gleich mehrere Vorteile für große Schuhhändler im Vergleich zur Konkurrenz. Ein wichtiger Faktor sei die Verschmelzung von Einkaufsmöglichkeiten vor Ort, wie in der Thier Galerie Dortmund und vor dem Computer Zuhause. Das eröffne dem Kunden neue Möglichkeiten.
„Sie wollen Erlebnisse, Events und Atmosphäre“ heißt es daher bei Chip. Das biete Deichmann seiner Zielgruppe vor allem durch die dazugehörige Marke Snipes. Dort hat das Unternehmen das Sortiment von Sneakern auf Kleidung, wie Kapuzenpullover und T-Shirts ausgeweitet. Und passt sich damit großen Online-Händlern wie Zalando immer mehr an.
Der größte Unterschied: Zalando setzt statt auf Geschäfte vor Ort besonders auf das digitale Shopping von Kunden. Der Händler hat gerade mal zwölf Outlet-Filialen in ganz Deutschland. Entscheidend dabei im Vergleich zu den Unternehmen, die auf den Einkauf vor Ort setzen, seien momentan die fehlenden Zusatzkosten. „Solange Versand und Retoure kostenlos bleiben“ hätten große Unternehmen einen großen Vorteil, erklärt Wirtschaftswissenschaftler Andreas Hesse gegenüber Chip.
Liefergebühren bei Zalando: Online-Gigant reagiert auf heftige Kritik zu Retouren
Was für den Kunden zunächst geringere Ausgaben bedeutet, hat aber auch einige Nachteile. So ist die Verlockung, eine größere Menge an Produkten zu bestellen, viel größer. Außerdem belasten die Retouren massiv die Umwelt. Nach Angaben der Tagesschau seien von den „mehr als 250 Millionen Bestellungen“ im Jahr 2022 ungefähr die Hälfte zurückgeschickt worden (weitere Service-News bei RUHR24).
Zalando gibt zwar an, 97 Prozent der Retouren „nach entsprechender Prüfung sowie sorgfältiger Aufarbeitung“ wieder online anzubieten und sie nur „in Ausnahmefällen“ zu vernichten. Doch Investigativrecherchen sollen durch den Einsatz von Bluetooth- und GPS-Trackern gezeigt haben, dass Schuhe, Kleidung und Co., die Verbraucher mit einem Klick online bestellen, quer durch Europa geschickt werden. Anschließend sollen die Produkte an Händler verkauft und im Ausland angeboten werden.
Zalando führt Liefergebühren ein – Kommen nun die Geschäfte zurück in die Städte?
Dass es daher für Deichmann und die dazugehörige Marke Snipes nicht der sinnvollste Weg ist, sich an dem breiten Online-Modell zu orientieren, zeigt eine Änderung bei Zalando nach der Entlassung zahlreicher Mitarbeiter. Die „abnehmende Kauflust“ sowie das Wetter, das die Konsumenten nach Wegfall der Corona-Beschränkungen wieder in die Geschäfte lockt, haben laut Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND) bei Zalando Spuren hinterlassen – mit drastischen Folgen für die Kunden.
Ab sofort gibt es zumindest teilweise Lieferkosten bei Zalando. Diese sind laut RND abhängig von dem Mindestbestellwert. Für Mitglieder von Zalando Plus gelte diese Änderung hingegen nicht.
Offiziell begründet Online-Händler Zalando die Änderung damit, dass Kunden, die überwiegend über das Smartphone bestellen, dadurch lieber weniger und dafür größere Bestellungen tätigen sollen statt vieler kleiner Käufe, die dann extra geliefert werden müssen.
Zalando startet Liefergebühren: Neue Chance für lokale Schuhgeschäfte?
Händler von Schuhen, die Zalando als Plattform zum Verkauf nutzen, sehen die Einführung der Liefergebühren kritisch, da sich für sie dadurch ebenfalls die Gebühren erhöhen würden, erklärt Martin Schneider von der Verbundgruppe GMS gegenüber dem Portal Schuhkurier. Die zahlreichen Retouren schlagen eine zusätzliche Kerbe in das Holz.
„Für uns bedeuten die neuen Gebühren, dass etwa 60 Prozent unseres Angebots wegfallen“, macht Stefan Holbach vom Schuhgeschäft Holbach deutlich. „Preislagen unter 100 Euro“ würden daher keinen Sinn für ihn bei Online-Händler Zalando machen. Das hat auch Auswirkungen auf die Konsumenten. „Gerade die schlecht kalkulierten Schuhe, etwa von Sportartikel-Herstellern, werde ich von der Plattform nehmen“, erklärt Stefan Holbach laut Schuhkurier. Für Kunden von Zalando kann dadurch künftig die Auswahl massiv sinken.
Ob sich Zalando mit den Liefergebühren ein Eigentor schießt? Experten haben die lokalen Geschäfte und ihre Zukunft jedenfalls noch nicht abgeschrieben. Martin Schneider von der Verbundgruppe GMS rät einem Händler daher, „seine Energie in sein stationäres Geschäft zu investieren“, wie es bei Schuhkurier heißt.
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