Süßigkeitenbranche in Not
Schokolade wird teurer: Preisanstieg in „nie dagewesener“ Größenordnung“
Unter den Preisanstiegen für Rohstoffe leiden nicht nur Verbraucher, sondern auch die Süßwarenindustrie. Ihre Forderungen in der Krise sind eindeutig.
NRW – Der Trend setzt sich fort: Nach den zahlreichen Preis-Explosionen in Deutschland bei verschiedensten Produkten ist mit der Süßwaren-Branche der nächste Lebensmittel-Sektor von massiven Kosten- und damit auch Preiserhöhungen betroffen. Parallel zu Produkten wie Brot, Butter, Speiseöl und weiteren Lebensmitteln in Supermärkten und Discountern werden Verbraucher zukünftig wohl auch bei Süßigkeiten tiefer in die Tasche greifen müssen.
Organisation | Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie BDSI |
Gründung | 1958 |
Sitz | Bonn |
Preisanstiege: Süßwarenverband warnt vor explodierenden Kosten durch Ukraine-Krieg
Beim Gang durch die Süßigkeiten-Regale bei Aldi, Lidl und Edeka könnte dem ein oder anderen Kunden die Naschlust bald schon vergehen. Wie der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) erklärt, habe der Ukraine-Krieg einen großen Einfluss auf die explodierenden Kosten, die laut der Lebensmittel Zeitung „vor allem die mittelständischen Produzenten immer häufiger in existenzbedrohendem Maße“ treffen.
In einer Mitgliederumfrage des BDSI hatten demnach mehr als 90 Prozent der Unternehmen angegeben, unter den Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu leiden. Demnach bereiten insbesondere die starken Preisanstiege für Rohstoffe bei den Energiekosten „sowie die Sorge vor einer ausbleibenden Gasversorgung“ der Industrie große Sorgen. Der Lebensmittel Zeitung zufolge stuften neun von zehn Süßwarenherstellern ihre Situation „als sehr belastend“ ein (mehr Service auf RUHR24).
Preisanstiege: Rohstoffe für Süßigkeiten-Produktion steigen um bis zu 151 Prozent
Konkret bemerkbar machten sich die Preisexplosionen bei wichtigen Rohstoffen wie Butter (+78,4 %), Weizen (71,8 %), Palmöl (+73,3 %), Magermilchpulver (+69,6 %) sowie Sonnenblumenöl (+151 %). So wie zahlreiche Verbraucher reibt sich momentan also auch die Industrie die Augen, wenn es um Einkaufspreise der für die Produktion von Süßigkeiten unerlässlicher Rohstoffe geht.
Außerdem klagten viele Unternehmen über Engpässe bei Verpackungsmaterialien (83 %). Auch unter Versorgungsproblemen bei Agrarprodukten, deren Erzeugerpreise sich laut BW24 momentan auf einem Rekordniveau befinden, leiden viele Hersteller. Dazu zählen beispielsweise Weizen, Zucker oder Milchpulver. Für den BDSI sei die Not der Süßwarenindustrie, die laut eigener Aussage „ein wichtiger Abnehmer deutscher und europäischer Agrarrohstoffe“ sei, in der öffentlichen Wahrnehmung noch unterrepräsentiert.
Preisanstiege: Kleinere Unternehmen ächzen unter Corona und Politik-Auflagen
Als wäre das alles nicht genug, kämen laut Verband Corona-bedingte Herausforderungen, wie „hohe Krankenstände und Long Covid-Erkrankungen in der Mitarbeiterschaft, aber auch die Schwierigkeit, qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren“ hinzu. Zuletzt stand zudem ein Hersteller wegen eines Salmonellen-Befundes in „Kinder“-Produkten bereits massiv in der Kritik – keine leichten Zeiten für die Süßwarenindustrie.
Entsprechend deutlich formuliert Bastian Fassin, Vorsitzender des BDSI, die Forderungen an die deutsche Politik in einer Mitteilung vom 18. Mai. „Die Bundesregierung muss der konsequenten Stärkung der heimischen Wirtschaft oberste Priorität einräumen, denn nur dann können Arbeitsplätze und Investitionen am Standort Deutschland langfristig gesichert werden“.
Gleichzeitig warnt er davor, dass „gerade die kleineren und mittleren Unternehmen der deutschen Süßwarenindustrie“ unter neuen regulatorischen Auflagen in der aktuellen Lage ächzen würden.
Preisanstiege: Bundesregierung plant Entlastung von Unternehmen in Krisenzeiten
Der Hilferuf der deutschen Süßwarenindustrie scheint bei der Bundesregierung auf offene Ohren gestoßen zu sein, wie aus einer Ergänzung eines Gesetzesentwurfs über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2022 vom 18. Mai hervorgeht. Darin teilte der Bundesrat mit, dass man es für notwendig halte, „zielgerichtete und kurzfristig wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die die stark betroffenen und besonders belasteten privaten Haushalte und Unternehmen finanziell entlasten.“
Im Rahmen des „Entlastungspakets 2“ hatte die Bundesregierung bereits die Energiesteuer für einen Tankrabatt 2022 für Verbraucher auf ein europäisches Mindestmaß abgesenkt. Das Bundesfinanzministerium informiert zudem auf seiner Homepage über weitere Hilfen im Rahmen eines Wirtschaftspakets, das gezielt Unternehmen durch die aktuelle Versorgungskrise führen soll.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie schnell die Süßwarenindustrie davon profitieren kann, damit es nicht bald zu den nächsten Preis-Explosionen oder gar zu weiteren Lieferengpässen bei Aldi, Lidl und Edeka kommt.
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