Mega-Rückrufe drohen: EU will Null-Toleranz-Strategie fahren
Fast in allen Lebensmitteln kommen sie vor, obwohl sie gesundheitsschädigend sind: Mineralöle. Ein neuer EU-Grenzwert könnte zu Rückrufen führen.
Berlin – Mehr Lebensmittelsicherheit in Europa. Um diesem Ziel einen Schritt näherzukommen, will die Europäische Union Grenzwerte für Mineralölverunreinigungen in Nahrungsmitteln einführen. Sogenannte „aromatische Mineralöle“ (MOHA) stehen unter Verdacht, gesundheitsschädigend zu sein. Dennoch kommen sie in Produkten wie Mehl, Reis, Schokolade oder Butter vor und es könnten bald viele Rückrufe drohen. Verbraucherschützer wie die Organisation Foodwatch fordern ein gänzliches Verbot.
Organisation | Foodwatch |
Gründung | 2002 |
Sitz | Berlin |
Drohen mehr Rückrufe durch neuen EU-Grenzwert – Mineralöle stark gesundheitsschädigend
Laut Angaben der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind Mineralölkomponenten in nahezu allen Lebensmitteln vorhanden, obwohl sie krebserregend und erbgutverändernd sein sollen. Dadurch kommen Verbraucher täglich in Kontakt mit den gesundheitsschädlichen Stoffen. Besonders trockene Lebensmitteln wie z. B. Mehl, Grieß, Reis, Semmelbrösel, oder auch Frühstückszerealien können diese verunreinigten Mineralöle enthalten. Doch auch bei fettigen Produkten wie Schokolade, Butter, Nüssen oder Speiseölen ist eine Belastung möglich.
Ein neuer Obergrenzwert soll den Mineralölverunreinigungen nun entgegenwirken und die Belastungen zumindest reduzieren. Dies beschloss der zuständige EU-Ausschuss (PAFF-Commitee). Aber was bedeutet das konkret für die verkauften Lebensmittel? Kommt es zu Rückrufen? Müssen alle Produkte, die im Umlauf sind, geprüft und zurückgerufen werden, wie kürzlich eine beliebte Süßigkeit?

EU beschließt neuen Grenzwert – Drohen Rückrufe für die Supermärkte?
Die neue Regelung gilt zwar ab sofort, ist jedoch nicht rechtswirksam. Jedes Mitgliedsland der EU kann vorerst selbst entscheiden, ob es den Grenzwert anwendet und wirksam macht oder nicht. Im Umkehrschluss bedeutet dass, dass es noch nicht kurzfristig zu Rückrufen kommen muss. Ende 2022 will die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA eine neue Bewertung veröffentlichen, die das Risiko zu Mineralölen umfassend bewertet. (Mehr News zu Service-Themen bei RUHR24).
Nach dieser neuen Bewertung könnten mehr Länder dazu angeregt werden, den Grenzwert durchzusetzen, der wie folgt empfohlen wird:
- Für Lebensmittel mit geringem Fett-/Ölgehalt bis vier Prozent sind 0,5 mg/kg MOAH die Obergrenze.
- Für Lebensmittel mit einem höheren Fett-/Ölgehalt über vier Prozent sind 1 mg/kg MOAH die Obergrenze.
- Für Lebensmittel wie fette und Öle sind 2 mg/kg MOAH die Obergrenze.
EU beschließt neuen Grenzwert für Lebensmittel – foodwatch fordert mehr
Die Verbraucherschutz-Organisation „foodwatch“ veröffentlichte Ende 2021 Laboranalysen zu Belastungen von MOAH in Lebensmitteln. Erst daraufhin wendete sich das PAFF-Commitee der EU dieser Problematik zu. Der kürzlich beschlossene Grenzwert reicht foodwatch jedoch nicht aus.
Sie fordern ein gänzliches Verbot der aromatischen Mineralöle in Produkten. „Obwohl die Gesundheitsgefahren durch Mineralölverunreinigungen seit Jahren bekannt sind, haben Lebensmittelriesen wie Unilever, Danone und Nestlé das Problem immer heruntergespielt – und die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin haben zugeschaut“, so Saskia Reinbeck von foodwatch.
Sie seien froh, dass nun auch EU-Experten auf das Problem aufmerksam machen, jedoch würde nur eine Nulltoleranz-Strategie die gefährlichen Mineralöle von unseren Tellern verbannen. Eine derartige Nulltoleranz-Strategie würde gleichbedeutend mit zahlreichen Rückrufen sein. Aus diesem Grund fordern sie Bundesernährungsminister Cem Özdemir auf, ein deutschland- und europaweites Verbot durchzusetzen. „Alle Lebensmittelfirmen müssen ihre Produkte endlich sauber halten“.