Pizzakarton, Kosmetik und Jacken

Jahrhundertgift überall in Deutschland entdeckt: Wo PFAS enthalten ist

Die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS gelten als hochgiftig und wurden nun an 1500 Orten in Deutschland nachgewiesen.

Berlin/Dortmund – Sie kleben an Pizzakartons, stecken in Kosmetika, Fische und Wildfleisch sind damit kontaminiert, Regenjacken beschichtet. Weit verbreitet, langlebig, potenziell giftig und in der Breite noch gar nicht untersucht: So in etwa könnte man ganz knapp die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS beschreiben.

Giftige Chemikalie PFAS überall in Deutschland nachgewiesen: „Spitze des Eisberges“

Die von der Industrie breit genutzten Substanzen werden derzeit intensiv diskutiert, denn sie sollen einem Vorstoß zufolge in der EU weitgehend verboten werden. Dabei geht es Schätzungen zufolge um insgesamt mehr als 10.000 einzelne Stoffe. 

Die extrem stabilen Chemikalien, die auf natürliche Weise nicht vorkommen, können sich in der Umwelt anreichern, auch in Deutschland. Viele mit PFAS, kurz für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, verunreinigten Orte sind nach Einschätzung des Umweltbundesamtes (UBA) noch unbekannt, berichtet Merkur.de.

„Was wir sehen, ist vermutlich die Spitze des Eisberges“, heißt es in einer Antwort von UBA-Präsident Dirk Messner an die Süddeutsche Zeitung. Am Donnerstag veröffentlichten Recherchen von SZ, NDR und WDR zufolge lassen sich an mehr als 1500 Orten in Deutschland PFAS nachweisen. Messner sprach von einem „wichtigen Beitrag, um das Mosaik weiter zusammenzusetzen“.

Chemikalie weit verbreitet: PFAS gelten als „mittel- bis hochtoxisch“

Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere. Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass PFAS selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. „Mit der Aufnahme von PFAS aus verunreinigten Böden und Wasser in Pflanzen und der Anreicherung in Fischen werden diese Stoffe auch in die menschliche Nahrungskette aufgenommen“, schreibt das UBA. Menschen können PFAS zudem über die Luft und Trinkwasser aufnehmen (mehr Warnungen bei RUHR24).

Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften – die Stoffe sind unter anderem sehr stabil und öl- wie auch wasserabweisend – werden sie breit verwendet. Sie finden sich in Alltagsgegenständen wie Anoraks, Pfannen, Kosmetik, Zahnseide oder Burgerpapier – sind aber auch Teil von Industrieprozessen und technischen Anwendungen.

Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. „Von den relativ wenigen gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern“, schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA). Normalerweise kommen die Stoffe in der Natur nicht vor – weshalb sie weder durch Wasser und Licht noch durch Bakterien abgebaut werden können. Daraus folgt: Je mehr PFAS produziert werden und in die Umwelt gelangen, desto mehr reichern sie sich an und könnten Tier und Menschen krank machen.

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PFAS-Verbot in Deutschland wird diskutiert – aber mit Ausnahmen

Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an. Dabei handelt es sich um eine Art Vorsichtsmaßnahme. Der Gedanke dabei: Wenn einige der Substanzen nachweislich schädlich sind, könnten es viele andere Vertreter der Stoffgruppe auch sein.

Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ginge ein Komplettverbot zu weit, da dann auch viele Anwendungen untersagt wären, von denen gar keine Gefahr ausgehe. „Ich gehe davon aus, dass die Auswirkungen der Beschränkung für viele Industriezweige erheblich wären“, sagte Mirjam Merz, Expertin für Chemikalienpolitik und Gefahrstoffrecht beim BDI, der DPA.

Sie klebt an Pizzakartons, steckt in Kosmetika: Fast überall in der Umwelt wurde eine krebserregende Chemikalie nachgewiesen.

Erfüllt der Behörden-Antrag alle Formalitäten, sollen am 22. März öffentliche Konsultationen starten. Dabei können sich beispielsweise Industrievertreter für Ausnahmen starkmachen. Die Entscheidung trifft am Ende die Europäische Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten. Mit einem Entschluss wird 2025 gerechnet (mit DPA-Material).

Rubriklistenbild: © Cord, Jochen Tack/Imago, Collage:RUHR24