Energiekrise in Deutschland

Gasumlage einfach erklärt: Was das ist, wer sie zahlt und wie hoch sie ist

Wer in Deutschland mit Gas heizt, sollte Ende 2022 die Gasumlage zahlen. Jetzt wurde das Vorhaben von der Regierung wieder gekippt.

Update, Donnerstag (29. September), 14.40 Uhr: Dortmund – Die Gasumlage ist Geschichte, bevor sie überhaupt greifen kann. Statt des Aufschlages auf den Preis für Erdgas plant die Bundesregierung nun eine Gaspreisbremse. Das gaben Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) heute in Berlin bekannt.

Thema:Gasumlage
Beginn:Oktober 2022
Höhe:2,419 Cent

Gasumlage in Deutschland einfach erklärt: Was ist das und wie hoch ist sie?

Ursprungsmeldung, 18. August 2022: Wir haben uns darauf verlassen, dass wir ausreichend billiges Gas aus Russland bekommen. Weil der russische Präsident Wladimir Putin immer weniger Erdgas nach Deutschland liefert, wird der Brennstoff hier nun knapp. Aber warum müssen die Bürger dann mehr zahlen? Und wie teuer wird es? Wir erklären einfach, worum es bei der Gasumlage geht – und was passieren würde, wenn wir sie nicht zahlen.

Bei der Gasumlage handelt es sich um eine zusätzliche Abgabe, die jeder zahlen muss, der seine Wohnung mit Gas heizt oder damit Waren herstellt. Auf jede genutzte Kilowattstunde Gas wird ab Oktober die Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent aufgeschlagen. Aktuell kostet Gas in Deutschland im Durchschnitt etwa 28 Cent pro Kilowattstunde. Die Gasumlage trifft Millionen Menschen, denn laut DPA wird jede zweite Wohnung im Land mit Gas geheizt.

Nötig ist die Gasumlage trotzdem. Denn den Versorgern in Deutschland wird viel weniger günstiges Gas aus Russland geliefert, als sie bestellt hatten. Um den Stadtwerken und Verbrauchern weiterhin das vereinbarte Gas liefern zu können, müssen sie es anderswo einkaufen – und da ist es teilweise zehnmal so teurer. Weil die Unternehmen die höheren Kosten nicht einfach an die Kunden weitergeben können, machen sie bereits jetzt riesige Verluste.

Damit die Versorger in dieser Gaskrise nicht pleitegehen, werden die Mehrkosten vorübergehend auf alle Gaskunden umgelegt – die Gasumlage. Eine solche Anpassung sei aber „nur im Krisenfall möglich“, schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimawandel auf seiner Internetseite. Die Bundesregierung will damit den Zusammenbruch der Gasversorgung verhindern.

Welche Kosten entstehen den Bürgern durch die Gasumlage?

Pro Kilowattstunde (kWh) Gas kostet die Gasumlage 2,419 Cent. Doch wie viel Gas verbraucht ein gewöhnlicher Haushalt pro Jahr? Und wie hoch sind die Mehrkosten? Ein Single-Haushalt muss mit Mehrkosten von rund 120 Euro im Jahr rechnen – ohne Mehrwertsteuer. Für eine vierköpfige Familie wird es deutlich teurer: fast 500 Euro mehr kostet das Gas mit der Umlage im Jahr.

Die Mehrkosten durch die Gasumlage lassen sich einfach berechnen: eigener Gasverbrauch pro Jahr in kWh × 0,031 Euro = Mehrkosten in Euro. Enthalten sind die Gasumlage (2,4 Cent) sowie weitere Umlagen (Speicherumlage: 0,06 Cent pro kWh; Bilanzierungsumlage: rund 0,6 Cent pro kWh) plus 7 Prozent Mehrwertsteuer*. Für 2022 zählen anteilig nur die drei Monate ab Oktober.

Mit diesen Mehrkosten durch die Gasumlage müssen die Haushalte in Deutschland rechnen:

HaushaltsgrößeGas-VerbrauchHöhe Gasumlagen (inkl. 7 % MwSt.)
Single5.000 kWh155 Euro
Zwei Personen12.000 kWh372 Euro
Familie (Haus)20.000 kWh620 Euro
Quelle: DPA, Bundesregierung

Kassiert der Staat Mehrwertsteuer auf die Gasumlage?

Ja. Die Bundesregierung will aus der Gasumlage aber eigentlich keine Steuereinnahmen erzielen. Europarechtlich gesehen muss der Staat aber Umsatzsteuer erheben. Die Bitte von Finanzminister Christian Lindner (FDP) um eine Ausnahme hat die Europäische Kommission jedoch abgelehnt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte am Donnerstag (18. August) an, die Mehrwertsteuer auf Gas vorübergehend auf 7 Prozent zu senken. Normalerweise werden 19 Prozent fällig.

Was würde passieren, wenn wir die Gasumlage nicht bezahlen?

Die Gasumlage ist der saure Apfel, in den alle Gaskunden diesen Winter beißen müssen. Denn die Alternative wäre düster. Würden die Kunden die Gasumlage nicht zahlen, würden alle Unternehmen, die Gas liefern, recht schnell pleitegehen (alle News aus dem Service auf RUHR24 lesen).

Weil es unwirtschaftlich ist, Gas zu verkaufen, würde dann kein anderes Unternehmen einspringen wollen. Die Folge: Es würde gar kein Gas mehr geliefert und Millionen Haushalte in Deutschland könnten im Herbst und Winter nicht mehr damit heizen, Fabriken damit nichts mehr herstellen. Die Menschen müssten frieren und die Industrie ihre Produktion stoppen.

Warum müssen Bürger in Deutschland die Gasumlage zahlen und nicht der Staat?

Selbst wenn der Staat mit Steuergeldern einspringen würde, wäre das ja Geld, das bereits von den Bürgern gezahlt wurde. Dann würden die Kosten jedoch indirekt auf alle Menschen in Deutschland umgelegt und nicht nur auf diejenigen, die das Gas wirklich nutzen.

Wer muss die Gasumlage ab Oktober 2022 bezahlen?

Nur wer mit Erdgas heizt und produziert, soll auch die Gasumlage zahlen. Wer etwa eine Ölheizung hat oder im Winter nur mit seinem Holzofen heizt, muss dadurch keine höheren Kosten fürchten. Auch Flüssiggas wie Propan und Butan sollen nicht von der Gasumlage betroffen sein, berichtet der BR. Ob Fernwärmekunden zahlen müssen, wird noch geprüft.

Ab wann gilt die Gasumlage in Deutschland und wann wird sie abgerechnet?

Die von der Bundesregierung im Juli beschlossene Gasumlage soll ab Oktober 2022 gelten. Wegen der Ankündigungsfrist von vier bis sechs Wochen taucht die Gasumlage laut Wirtschaftsministerium womöglich nicht sofort auf der Rechnung auf. Voraussichtlich steht sie ab November auf der Abrechnung. Die Umlage gilt nur vorübergehend bis zum 1. April 2024.

Das fehlende Gas aus Russland sorgt in Deutschland für eine Krise. Die Gasumlage soll laut Wirtschaftsminister Habeck helfen.

Muss ich Gasumlage zahlen, obwohl ich einen Festvertrag habe?

Das wird aktuell noch geprüft.

Kann die Höhe der Umlage steigen oder sinken?

Ja, beides. Sollte Russland irgendwann gar kein Gas mehr nach Deutschland liefern, könne die Umlage auch teurer werden als 2,4 Cent. Zudem schwanken auch die Preise am Gasmarkt. Alle drei Monate kann die Umlagehöhe angepasst werden.

Warum kommt zu wenig Gas aus Russland?

Russlands liefert seit Jahrzehnten Gas an Deutschland. Seit 2011 auch über die Pipeline „Nord Stream 1“ in der Ostsee. Präsident Wladimir Putin nutzt diese Lieferungen jedoch auch politisch. Er hat im Zuge des von ihm angezettelten Krieges gegen die Ukraine immer weniger günstiges Gas nach Deutschland geliefert.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen sprach am Montag (15. August) von einer „von russischer Seite verursachten künstlichen Energieknappheit“. Im August 2022 kamen nur noch etwa 24 Prozent der ursprünglichen Menge an Erdgas aus Russland in Deutschland an:

Wer bekommt die Gasumlage?

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums stehen aktuell nur zwölf Unternehmen auf der Liste, die ihre hohen Verluste durch die Umlage abmildern wollen, unter anderem Uniper. Große Ölkonzerne wie Shell und RWE hingegen wollen darauf verzichten.

Dabei sorgt die Gasumlage für eine riesige Summe an Geld, mit dem die Gasversorger einen Teil ihrer höheren Ausgaben bezahlen sollen: Rund 34 Milliarden Euro sollen so zusammenkommen, um das nötige Gas woanders zu beschaffen. Plus machen die Konzerne ab Oktober trotzdem nicht. Sie müssen selbst einen Anteil von 10 Prozent der Mehrkosten schultern.

Was kann man tun, um die hohen Gaspreise zu stemmen?

Nicht nur für Unternehmen wie Baumärkte und Chemiekonzerne sind steigende Gaspreise und ausbleibende Lieferungen eine Belastung. Auch für Privathaushalte sorgt die Gaskrise für Probleme. Da hilft vorerst nur eins: Gas zu sparen.

Wer sein Wasser mit einer Gastherme heizt, sollte etwa häufiger kaltes Wasser verwenden. Auch in der Dusche kann man Gas sparen, indem man kürzer und weniger heiß duscht. Die Bundesregierung wirbt jetzt sogar für sparsame Duschköpfe.

Auch für kleine Haushalte bedeutet die Gasumlage jedes Jahr hohe zusätzliche Kosten.

Doch auch wer keine Gastherme hat, kann indirekt Gas sparen. Denn rund 12 Prozent des Erdgases ist 2021 zur Produktion von Strom verwendet worden – Tendenz: sinkend. Wer Strom spart, spart also auch Gas. Schon beim Brötchen aufbacken zum Frühstück lässt sich einfach Energie sparen.

Die Bundesregierung geht wegen der Energiekrise trotzdem von einer „erheblichen Mehrbelastung“ für die Menschen in Deutschland aus. Es soll daher auch Entlastungen für die Bürger geben, etwa bei Steuern, Wohngeld und Bürgergeld. Auch Studierende, Rentner und Menschen mit geringem Einkommen sollen unterstützt werden. Wer die höhere Gasrechnung nicht sofort bezahlen kann, dem soll zudem nicht einfach gekündigt werden können. *Die weiteren Umlagen ab Oktober wurden in die Zusatzkosten eingerechnet.

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