Geld zurück
Kontogebühren bei Sparkassen sind oft rechtswidrig – Kunden können sich wehren
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Viele Kunden von Sparkassen und Banken haben Anspruch auf die Erstattung rechtswidriger Gebührenerhöhungen. Doch nicht alle Geldinstitute kommen dem nach.
München – So geht es vielen Kunden von Sparkassen und Banken: Die Gebühren ihrer Konten wurden erhöht, ohne dass sie zuvor aktiv zugestimmt haben. Verbraucherverbände klagten gegen dieses Vorgehen. Der Bundesgerichtshof gab ihnen nun Recht. Mit der Folge: Gebührenerhöhungen ohne aktive Zustimmung von Kunden sind unwirksam. Kunden müssen nur die bei der Kontoeröffnung oder dem letzten Wechsel des Kontomodells gültigen Preise zahlen. Darüber hinaus abgebuchte Kontoführungsgebühren können sie zurückfordern, berichtet Merkur.de.
Gebühren rechtswidrig: Kunden von Sparkassen und Banken sollten ihre Verträge prüfen
„Die Aussagen des BGH gelten auch für die Erhöhungen von Depotgebühren und die Einführung von Negativzinsen“, erklären die Verbraucherschützer von Stiftung Warentest und berufen sich dabei auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Mai 2022.
Damit Kunden das zu viel eingeforderte Geld von den Finanzinstituten zurückerhalten, sollten sie erst einmal in ihren Vertragsunterlagen prüfen, wie hoch die Gebühren bei Abschluss der Kontos oder Depots waren. Wer einer Erhöhung nicht zugestimmt hat, kann das zu viel bezahlte Geld zurückverlangen.
Hinzu kommen die Zinsen, die das Kreditinstitut erstatten muss. Diese Regelung gilt übrigens auch für Banken, bei denen Verbraucher aktuell nicht mehr Kunde sind, aber in der Vergangenheit zu hohe Gebühren gezahlt haben.
Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte im Frühjahr 2021
Banken und Sparkassen müssen Kontogebühren in Höhe von etlichen Milliarden Euro ihren Kunden erstatten. Denn alle Änderungen der Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen samt aller Preiserhöhungen sind ohne ausdrückliche Zustimmung unwirksam. Es reicht nicht aus, Kundinnen und Kunden die neuen Bedingungen mitzuteilen und ihnen die Möglichkeit zum Widerspruch zu geben. „Schweigen ist keine Zustimmung“, so die Urteilsbegründung der Richter. Das Landgericht Hannover hat in einem Eilverfahren auf Antrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands hinzugefügt: Die fortgesetzte Nutzung des Kontos ist keine Zustimmung zu den aktuellen Kontobedingungen. Das Landgericht Trier ergänzte: Alle rechtswidrigen Zahlungen innerhalb der letzten zehn Jahre sind zu erstatten.
Die Verbraucherschützer glauben, dass vor allem Verbrauchern mit ursprünglich kostenlosen Konten etliche Hundert Euro zustünden. Doch inzwischen haben viele Banken ihren Kunden das Konto gekündigt, wenn sie den neuen, meist höheren Kontoführungsgebühren nicht zugestimmt haben. Bei der Postbank beispielsweise soll es eine fünfstellige Zahl von Kunden betreffen, wie Merkur.de berichtete. Die Sparkasse Nürnberg hatte rund 10.000 Kunden einen Kündigungsbrief geschickt.
Bankgebühren rechtswidrig: Kunden können die Musterbriefe von Verbraucherschützern nutzen
Kunden, die nicht auf die Erstattung der rechtswidrig kassierten Gebühren verzichten wollen, sollten „ihr Recht zumindest fordern“, den Ombudsmann des Geldhauses, Rechtsanwälte oder Gerichte einschalten, empfehlen die Verbraucherschützer von Stiftung Warentest.
Eine Option ist, die Musterbriefe von test.de zu nutzen. Denn in der Praxis zeigt sich: Von selbst treten die meisten Institute nicht an ihre Kunden heran, um ihnen Geld zu erstatten. Obwohl nach Meinung von Juristen laut BGB Banken und Sparkassen zur Herausgabe verpflichtet sind.
Bank-Kunden müssen Erstattungen selbst einfordern – sonst passiert nichts
Im Falle der Postbank zeigt sich, dass das Institut „ab sofort wieder die alten Gebührensätze kassiert“, berichtet test.de. Das bedeute, dass viele alte Postbank-Konten erst mal wieder kostenlos seien. Erstattungen werden aber auch die Postbank nicht von sich aus vornehmen.
Kunden müssten diese also einfordern, so der Tipp. Kunden sollten auch alle Gebührenzahlungen innerhalb der letzten zehn Jahre, die über die vereinbarten hinausgehen, zurückfordern. Sollte der Ombudsmann oder die Ombudsfrau der Finanzinstitute außergerichtlich nicht auf die Forderungen eingehen, bleibt Kunden nur die Möglichkeit, einen Anwalt einzuschalten.
Das stünde eine Postbank-Kundin als Erstattung zu – ein Rechenbeispiel:
Eine Postbank-Kundin hat ihr Giro Plus-Konto im Juli 2016 eröffnet – damals noch mit kostenloser Kontoführung. Sie zahlt seit November 2016 am Ende jedes Monats Kontoführungsgebühren in Höhe von 3,90 Euro und seit Oktober 2019 sogar 4,90 Euro. Zum April 2021 stieg der Preis schließlich auf 5,90 Euro. Außerdem kostete ihre Visa-Karte ab 1.1.2018 29 Euro (statt vorher 20 Euro) pro Jahr. Ihr Anspruch auf Erstattung von Zahlungen beträgt einschließlich der Kontoführungsgebühr für Juni 2021 genau 269,40 Euro. Zusätzlich muss die Postbank herausgeben, was sie mit dem Geld erwirtschaftet hat. Dabei ist laut BGH von Zinsen in Höhe von fünf Punkten über dem Basiszinssatz auszugehen – das wären, da dieser derzeit negativ ist, aktuell 4,12 Prozent. Per Stichtag 30. September 2021 wären das weitere 25,79 Euro. Insgesamt stünden der Kundin also 295,19 Euro zu.
Quelle: Stiftung Warentest
Verfahren für Bankkunden ist kostenlos und ohne Risko
Das Ombudsleuteverfahren ist für Bankkunden nicht nur kostenlos, sondern auch ohne Risiko. „Sind die Kunden mit den Entscheidungen der Schlichter nicht einverstanden, steht ihnen der Weg zu den ordentlichen Gerichten weiterhin offen“, erklärt der Bundesverband deutscher Banken.
Wer allerdings keinen Rechtsanwalt einschalten will und gerichtlich gegen seine Bank oder Sparkasse vorgehen möchte, dem bleibt nur, sich ein neues Konto bei einem anderen Anbieter bei Vergleichsportalen wie Check24.de oder Verivox.de zu suchen. Auch ein Blick auf die kostenlosen Girokonten von Stiftung Warentest kann hierfür nützlich sein (mehr Spartipps bei RUHR24).
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