Weltweite Virus-Krise
Pandemie: Drei Gründe, die für eine zweite Corona-Welle in Deutschland sprechen
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In der Corona-Krise wird aktuell viel von einer zweiten Welle gesprochen. Es gibt drei Gründe, die dafür sprechen, dass uns genau das bevorstehen könnte.
- Das Coronavirus breitet sich in Deutschland wieder schneller aus.
- Experten warnen bereits vor einer zweiten Welle der Pandemie.
- Es gibt mindestens drei Gründe dafür, dass diese im Herbst eintreten könnte.
Dortmund/NRW – In Berlin sind am Sonntag (1. August) Tausende Demonstranten wild gemischt gegen Beschränkungen in der Coronavirus-Pandemie auf die Straße gegangen. Zu lesen waren auch Plakate wie "Wir sind die zweite Welle". Einiges deutet darauf, dass das schneller wahr wird, als es manch selbsternanntem Corona-Rebell lieb ist – aus mindestens drei Gründen.
Virus | Coronavirus (Sars-CoV-2) |
Erkrankung | Covid-19 |
Symptome | Fieber, trockener Husten, Müdigkeit |
Coronavirus: Zweite Welle der Covid-19-Pandemie ist durchaus wahrscheinlich - aus drei Gründen
1. Die Menschen werden in der Corona-Pandemie ungeduldig und unvorsichtig.
Die Coronavirus-Pandemie ist noch jung und doch verlässt viele Menschen in Deutschland bereits die Geduld. Die riesige Demo in Berlin am Wochenende hat gezeigt: Bereits acht Monate, nachdem das neue Virus Sars-CoV-2 erstmals beschrieben wurde, werden die Menschen zunehmend unvorsichtig. Bis es einen Impfstoff geben wird, müssen wir uns voraussichtlich nochmal so lange gedulden.
Dass Unvernunft zu einer zweiten Welle im Herbst führen kann, ist nicht weit hergeholt. Bei einer Hochzeitsfeier im Kreis Kleve (NRW) haben sich mindestens 61 Gäste mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt. Zudem steigt in den größeren Städten in NRW die Zahl der Neuinfektionen an (alle News aus NRW im Corona-Live-Ticker). Dortmund meldete am vergangenen Wochenende (Freitag bis Sonntag) 31 Infektionen. In Essen waren es 35, in Köln 46 Covid-19-Fälle.
Dabei spielen immer wieder sogenannte Super-Spreader-Events eine Rolle: Veranstaltungen oder Treffen, wie zum Beispiel Hochzeiten, bei denen ein Infizierter zahlreiche Mitmenschen mit dem Coronavirus ansteckt. Beispiele sind der Ausbruch in der Schlachterei Tönnies im Juni oder die ansteigenden Infektionszahlen nach einem Gottesdienst in Euskirchen im Juli. Solche Personen sollen laut dem SPD-Politiker und Infektiologen Karl Lauterbach künftig schneller gefunden werden.
(1) Wenn wir vor die 2. Welle kommen wollen müssen wir die Strategie der Gesundheitsämter ändern. Statt mühsamer und ineffizienter Einzelfallverfolgung müssen nach Superspreader Events die Teilnehmer schnell und für 1 Woche inn Quarantäne. https://t.co/oLX9shclfD
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) August 1, 2020
Gegen eine Ansteckung mit dem potenziell tödlichen Virus hilft jedoch auch weiterhin nur: Menschenansammlungen meiden, Hände waschen und Mundschutz tragen.
Coronavirus: Öffnung der Schulen nach den Ferien hat Zahl der Infektionen steigen lassen
2. Der Beginn der Schule könnte die Pandemie erneut anfachen.
In Mecklenburg-Vorpommern enden gerade die Sommerferien. Ab Mittwoch (11. August) startet auch in NRW der Unterricht an den Schulen. Das Ende der Ferien ist für viele Eltern sicher ein Segen, sorgte die Betreuung zu Hause oftmals für einige Probleme. Doch eine Maskenpflicht im Unterricht soll bis Ende August nur für manche Schüler gelten – aber eben nicht für alle.
Grundschulkinder etwa sollen den Unterricht auch weiterhin ohne Maske besuchen dürfen. Das verkündete NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer* (FDP) am Montag (3. August), wie WA.de berichtet. Grundschulen seien bereits vor den Ferien nicht zu Hotspots in der Corona-Krise geworden, so die Begründung. Trotzdem sollen auch dort feste Klassen und Lerngruppen eingehalten sowie weitere Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigt werden.
Bereits Ende Juni hatte der Virologe Christian Drosten jedoch postuliert, dass die Öffnung der Schulen zu Problemen führen könne. Damals war die Zahl der infizierten Kinder unter 15 Jahren deutlich angestiegen. Drosten kommentierte, dass Schüler die Epidemie zwar nicht antreiben würden, "aber die Vorstellung von virusfreien Schulen im Herbst muss man wohl überdenken", sagte er. Auch bei wenigen Fällen würde sich das Virus in alle Altersgruppen verteilen.
Präsenzunterricht ist draußen möglich, in "Schichten" möglich, er ist für einzelne Bedarfsgruppen möglich, er kann wunderbar digital ergänzt werden. Bin enttäuscht, dass Ministerien keine kreativen Konzepte suchen sondern auf normalem Präsenzunterricht beharren. https://t.co/qREpWJVPIB
— Marina Weisband (@Afelia) August 3, 2020
Ein Blick ins Ausland – nach Israel – zeigt nun, dass er Recht behalten könnte. Dort wurden die Schulen mit ähnlichen Regeln geöffnet. Die Kinder hielten sich laut einem Bericht der Science an die Regeln und trugen ihre Masken im Bus und im Unterricht. Erst eine Hitzewelle Mitte Mai ließ den Mundschutz für viele unangenehm werden – und sie setzen die Masken ab.
Zwei Wochen später stieg die Zahl der Covid-19-Infektionen dort erheblich an – kein Wunder bei oft mehr als 30 Kindern pro Klassenraum. Experten befürchten, dass dadurch auch das Ansteckungsrisiko für den Rest der Gesellschaft ansteigt. Viele Studien dazu laufen aber noch.
Coronavirus: Zweite Welle einer Pandemie war häufig stärker, als die erste
3. Die großen Grippe-Pandemien hatten ebenfalls eine starke zweite Welle
Das Coronavirus ist sicher keine einfache Grippe. Und doch gehen Forscher davon aus, dass sie aus den großen Grippe-Pandemien des 20. Jahrhunderts viel ableiten können.
Denn auch die Spanische Grippe (1918 bis 1920) und die Asiatische Grippe (1957/58) hatten eine zweite Welle, die deutlich heftiger war, als die erste.
In der ersten Welle der Spanischen Grippe starben in Berlin im Frühjahr 1918 bis zu 20.000 Menschen in wenigen Tagen. Im darauffolgenden Herbst waren es mehr als doppelt so viele. Im Vereinigten Königreich war die zweite Welle dieser "Mutter aller Pandemien" gar fünfmal stärker, als die erste.
Nein, die #zweiteWelle (dritte) ist kein neu erfundenes Konzept sondern ist schon seit über 100 Jahren beobachtet worden (hier: spanische Grippe)... pic.twitter.com/IQ2OhWmPEQ
— M. Wirtz (@wirtz_marcus) July 26, 2020
Ob dieses Szenario eintritt, hängt jedoch von vielen Faktoren ab. Denkbar ist laut den Experten auch, dass jede weitere Welle gleich hoch oder kleiner ausfällt, als die vorherige. Charité-Virologe Christian Drosten hat sogar eine Strategie entwickelt, wie eine zweite Corona-Welle verhindert werden soll. Als Vorbild dient ihm das Vorgehen in Japan. *WA.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.
Rubriklistenbild: © Jens Büttner, Marius Becker/dpa, -/National Museum of Health and Medicine/dpa; Collage: RUHR24