Forscher Vorschlag aus Ministerium
Corona: Impfangebot für Schüler kommt – Kinderärzte sehen Impfpflicht durch die Hintertür kommen
Alle Schüler sollen im Sommer ein Impfangebot erhalten. Die Bundesbildungsministerin prescht jetzt vor und fordert, ganze Schulklassen zu impfen.
Deutschland – Diese Ankündigung von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sorgt für Aufsehen: Alle Schüler sollen noch vor dem nächsten Schuljahr die Möglichkeit bekommen, sich impfen zu lassen. Auch die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) pocht aktuell auf schnelle Impfungen für Schüler ab zwölf Jahren, um den dauerhaften Präsenzunterricht zu gewährleisten. Die Impfungen könnten dabei in Zusammenarbeit mit den Schulen organisiert werden, berichtet RUHR24.*
Bundesministerium für Bildung und Forschung | Oberste Bundesbehörde der Bundesrepublik Deutschland |
Gründung | 20. Oktober 1955 |
Hauptsitz | Bonn/NRW |
Corona-Impfungen: Bundesbildungsministerin fordert Impfplan für Schüler
Die Bundesbildungsministerin fordert dabei, dass es einen Impfplan für Schüler geben solle. Mit einem solchen Fahrplan soll ermöglicht werden, dass Kindern und Jugendlichen bis zum Beginn des kommenden Schuljahres ein Impfangebot gemacht wird.
Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe erklärt Anja Karliczek dazu: „Ich möchte, dass vor allem nach den Sommerferien überall der Schulbetrieb wieder relativ normal beginnen kann. Dafür wäre es sehr hilfreich, wenn möglichst viele Schülerinnen und Schüler geimpft wären.“
Schüler schnell impfen: Ministerin spricht sich für Corona-Impfungen in Schulen aus
Der konkrete Vorschlag der Ministerin: Schulen könnten klassenweise mit ihren Schülern zum Impfen gehen. Diese Idee äußerte Anja Karliczek in einem Interview mit der Bild.
Im Bild-Polittalk „Die richtigen Fragen“ erklärt sie, man müsse jetzt mit den Amtsärzten zusammen eine Impfkampagne für Schüler entwickeln. Dabei sei es, „eine Möglichkeit, das in der Schule zu organisieren.“
Impfungen an Schulen: Erstes Bundesland legt Impfplan für Schüler vor
Als erstes Bundesland hat Niedersachsen am Dienstag (25. Mai) einen solchen Impfplan für Schüler im Sinne der Bildungsministerin vorgelegt, wie Nord24.de berichtet. Sämtliche der rund 450.000 Schüler sollen ein Angebot zur Immunisierung erhalten, habe Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) erläutert.
Die Impfaktion solle schon im Juli beginnen und die Zweitimpfung dann zum Ferienende August bis Anfang September erfolgen. Die Impfungen sollen in Zusammenarbeit mit den Schulen in den Impfzentren durchgeführt werden. „Und zwar großflächig an allen Schulen“, so die Gesundheitsministerin aus Niedersachsen.
Corona-Impfungen für Kinder: Vorhaben wirft viele praktische Fragen auf
Bei Eltern sorgt das Thema „Corona-Impfungen für Kinder“ für gemischte Gefühle. Während die einen es gar nicht erwarten können, dass auch ihre Kleinen endlich gegen das Virus geschützt sind, haben auch viele Bedenken. Dementsprechend kommt der Vorschlag der Ministerin nicht bei allen gut an (mehr News zum Coronavirus in NRW* auf RUHR24).
Zwar ist eine Impfpflicht auch für Kinder nicht vorgesehen, wie Anja Karliczek (CDU) bereits in mehreren Interviews bekräftigte, aber das Vorhaben wirft viele praktische Fragen auf. Zunächst wäre die Organisation ein enormer Zusatzaufwand in den Schulen, die ohnehin bereits durch die sich ständig wechselnden Pandemie-Bestimmungen stark belastet sind.
Noch schwieriger ist die Frage, ob nicht geimpfte Kinder dann zukünftig wesentliche Nachteile hätten: Beispielsweise weiter Maske tragen oder Coronatests durchführen müssten – im schlimmsten Falle vielleicht in Kitas nicht aufgenommen würden oder Ähnliches.
Impfen in Schulen: Kinderärzte warnen vor einer „Impfpflicht durch die Hintertür“
Unter Bezugnahme auf das Bild-Interview mit der Bundesbildungsministerin warnen die Kinderärzte aktuell vor einer indirekten Impfpflicht für Kinder und Jugendliche. Der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Axel Gerschlauer, sagte gegenüber der Rheinischen Post, man sei in großer Sorge, dass die Bildungsministerin mit ihrem Vorschlag eine „Impfpflicht durch die Hintertür“ einführen wolle und dass die Impfungen in Schulen stattfinden sollen.
Weiter betont Gerschlauer, von solchen Impfungen in der Schule halte er nichts. Stattdessen plädiert er dafür, die Impfungen über die Kinderarzt-Praxen zu organisieren, die auch sonst die Impfungen für Kinder durchführen. Insbesondere dürfe der Besuch der Schule in keinem Fall an eine Impfung gegen das Coronavirus* geknüpft werden. „Hier muss die Politik Wort halten“, fordert er.
Kinderärzte: Eine Impfpflicht wie bei Masern ist bei Covid-19 nicht sinnvoll
Fakt ist: Eine Impfpflicht für Schul- und Kitakinder gibt es bereits seit März 2020. Seitdem ist die Masernimpfung für den Besuch von Bildungseinrichtungen verpflichtend. Allerdings ist die Gefahr für Kinder, schwer zu erkranken, bei Masern viel größer als bei Covid-19. Eben das betonen auch die Kinderärzte.
Zwar befürworten sie grundsätzlich die möglichst schnelle Zulassung von Impfstoffen für Kinder und Jugendliche. Bei der Frage nach einer Impfempfehlung müsse allerdings Nutzen und Risiko abgewogen werden. Und dieser Nutzen für Kinder und Jugendliche sei „im Vergleich zu Erwachsenen als gering einzuschätzen“, heißt es in einem Bericht des Journal Med.
Kinderärzte: Benachteiligung nicht geimpfter Kinder ist ethisch nicht vertretbar
Auch die „3G“-Merkmale (geimpft, getestet, genesen) sind laut Meinung der Kinderärzte für Kinder nicht anwendbar, das teilt die DGKJ in einer Pressemitteilung mit. Stattdessen fordern die Mediziner, „dass Kinder und Jugendliche uneingeschränkt von den gleichen Privilegien profitieren dürfen wie Geimpfte, Genesene oder Getestete.“
Der Betrieb von Schulen und Kitas sei bereits durch die Coronamaßnahmen abgesichert. Die Koppelung der Zulassung von Kindern, beispielsweise zur Teilnahme an Veranstaltungen wie Klassenfahrten, an den Impfstatus sei hingegen ethisch nicht vertretbar, heißt es in der entsprechenden Stellungnahme.
Gesundheitsminister Jens #Spahn will für einen unbeschwerten #Sommer die #Corona #Inzidenz unter 20 drücken - und erntet für seinen Vorstoß heftige Kritik: „Die Intensivbetten leeren sich ... " https://t.co/UYjFCBgWgA
— RUHR24 (@RUHR24news) May 25, 2021
Jens Spahn: Alle Schüler sollen bis Ende August ein Impfangebot erhalten
Die Bundesbildungsministerin fordert derweil, dass sich der nächste Impfgipfel von Bund und Ländern (Donnerstag, 27. Mai) mit dem Thema „Impfplan für Schüler“ befassen solle. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor dafür plädiert, Schüler schnell zu impfen.
Statt in den Schulen plant der Minister allerdings ein Durchimpfen aller Schüler noch in den Sommerferien. „Ein Weg zu regulärem Unterricht nach den Sommerferien ist das Impfen der Jugendlichen“, sagte Spahn der Bild am Sonntag. Und weiter: „Das erklärte Ziel ist, dass die Länder den minderjährigen Schülerinnen und Schülern bis Ende August ein Impfangebot machen.“ In diesem Zusammenhang fordert der Minister, Impfdosen von Biontech/Pfizer speziell für Kinder zu reservieren.
Corona-Impfungen für Kinder: Nur wenig Impfstoff kommt infrage
Ob ein solch ambitionierter Plan einzuhalten ist, ist – neben der ethischen – eine weitere Frage. Denn: Stand heute (26. Mai) ist noch gar kein Impfstoff für Kinder in der EU zugelassen.
Zwar wird die Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffs für Kinder in Kürze erwartet,* aber dieser darf dann auch lediglich Kindern ab 12 Jahren verabreicht werden. Mit der Zulassung eines Impfstoffs für die Jüngeren (Kita- und Grundschulkinder) rechnen die Hersteller aktuell frühestens im Herbst 2021. RUHR24 und Nord24 sind Teil des Redaktionsnetzwerks von IPPEN.MEDIA.
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