Gechasster S04-Boss
Schalke-Aufsichtsrat trifft Entscheidung zur Rückkehr von Clemens Tönnies
Kann Clemens Tönnies den finanziell mit den Armen rudernden S04 stabilisieren? Nach dem Vorstand äußert sich dazu jetzt auch der Aufsichtsrat.
Gelsenkirchen – Kaum eine Person rund um den FC Schalke 04 ist derart umstritten wie der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies. Einige sahen in ihm den starken und finanzkräftigen Mann, den dieser turbulente Verein brauchte. Andere sahen in ihm einen selbstgerechten Machthaber, der sich in Dinge weit jenseits seines Zuständigkeitsbereichs einmischte.
Das Kapitel Clemens Tönnies endete bei Schalke 04 im Jahr 2020 – für immer?
Es gab nie Zweifel daran, dass der Verein Schalke 04 Clemens Tönnies am Herzen liegt. Allerdings stellte sich im Verlauf der langen Amtszeit zunehmend die Frage, ob die persönlichen Interessen des Unternehmers noch deckungsgleich mit denen des Klubs waren. Im Jahr 2020 erübrigte sich diese Diskussion vorerst.
Nachdem sich der S04-Ehrenrat bereits 2019 in Folge rassistischer Äußerungen mit Tönnies befasst hatte, war der Klubboss angezählt. Ein Jahr später brachten ans Licht gekommene Missstände infolge eines Corona-Ausbruchs im Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück das Fass zum Überlaufen.
Die Schalker Fans forderten nun vehement den Rücktritt von Clemens Tönnies und bildeten sogar eine Menschenkette auf dem Vereinsgelände. Kurze Zeit später legte der Ostwestfale sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender tatsächlich nieder. Das Kapitel Tönnies schien am Berger Feld ein für alle Mal beendet zu sein.
Schalke 04 und Clemens Tönnies weiter in „gutem Kontakt“ – Ex-Klubboss bislang „nur“ Sponsor
Doch der Name des mittlerweile 66-Jährigen taucht immer wieder rund um den S04 auf. Insbesondere dann, wenn es dem Klub offensichtlich nicht gut geht. Nach dem Gazprom-Aus etwa bot Tönnies Schalke prompt seine Hilfe an – angeblich ohne eine persönliche Gegenleistung in Form eines Postens im Verein zu verlangen.
Und auch angesichts des drohenden Wiederabstiegs rückte Tönnies auf Schalke erneut in den Fokus. Im Spätherbst 2022 kursierten Gerüchte um eine mögliche Finanzspritze durch den Chef des größten Fleischverarbeiters in Deutschland. „Der Kontakt ist nach wie vor gut. Ob wir ihn ansprechen, wird der Vorstand miteinander beschließen“, hatte Sportvorstand Peter Knäbel damals gegenüber Bild-TV gesagt.
Bisweilen beschränken sich die finanziellen Zuwendungen auf die Sponsoring-Ebene. Das Unternehmen Böklunder etwa, welches über eine Zwischenholding zur Tönnies-Gruppe gehört, ist Premium-Partner der Schalker – die zweithöchste Sponsoring-Kategorie nach den Hauptsponsoren MeinAuto, Veltins und Adidas.
Schalke-Vorstand Bernd Schröder will kein Geld mehr bei Clemens Tönnies leihen
Die Schalker Verantwortlichen wollen die Zusammenarbeit mit Clemens Tönnies offensichtlich auf dieser Ebene der geschäftlichen Beziehung belassen. Direkte Geldflüsse und eine damit einhergehende größere Hausmacht innerhalb des Vereins sind offensichtlich nicht erwünscht, wie Schalkes Vorstandsvorsitzender Bernd Schröder jüngst im Interview mit der WAZ deutlich machte.
„Clemens Tönnies ist über sein Sponsoring bereits wirtschaftlich sehr stark eingebunden. Wenn er das noch ausbauen will, ist er herzlich willkommen, wie jeder andere auch. Aber Geld leihen und damit noch mehr Fremdkapital aufnehmen – das wollen wir nicht“, so Schröder.
Im Gegenteil: Schalke 04 will Verbindlichkeiten abbauen und sich weiter konsolidieren. Wenngleich das auf Kosten des sportlichen Erfolgs geschieht, wie die jüngsten zwei Transferperioden und die Tabelle der Bundesliga zeigen. Der S04 verfolgt einen langfristigen Plan.
Schalke-Aufsichtsratschef Axel Hefer erteilt S04-Rückkehr von Clemens Tönnies klare Absage
Axel Hefer, dessen Vor-Vorgänger als Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies war, bekräftigte den eingeschlagenen Weg jüngst in einem Interview mit Zeit online. „Wir haben rund 140 Millionen Euro Finanzverbindlichkeiten, das klingt erst mal viel“, so Hefer. Würden daraus allerdings in den kommenden Jahren etwas weniger als 100 Millionen Euro werden, sei man schon solide finanziert, erklärte der Trivago-Chef.
„In der Bundesliga tilgen wir pro Jahr etwa zehn Millionen Euro, wir sind auf einem guten Weg. Wir haben nicht vor, in fünf Jahren schuldenfrei zu sein – das ist auch nicht sinnvoll.“ Und diesen guten Weg, auf dem Hefer Schalke 04 sieht, wolle man ohne eine Rückkehr von Clemens Tönnies beschreiten.
„Wir schauen nach vorn und nicht zurück. Clemens Tönnies ist Teil unserer Vergangenheit, nicht unserer Zukunft“, macht Hefer gegenüber Zeit online deutlich. Die Tönnies-Debatte ist damit zumindest erst einmal verschoben. Ob sie auch aufgehoben ist, hängt wohl auch maßgeblich vom sportlichen Abschneiden in den kommenden Monaten ab.
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