Änderungen des Denkmalschutzes
Neue Regelung sorgt für Angst um 82.000 NRW-Denkmäler
Ein neues NRW-Denkmalschutzgesetz hat jüngst für mächtig Wirbel gesorgt. Nun sollen neue Leitlinien den Bau von Solaranlagen auf Denkmälern erleichtern.
NRW – Das Thema Denkmalschutz in NRW hat in der Vergangenheit hohe Wellen geschlagen. Nach der Verabschiedung des umstrittenen neuen Denkmalschutzgesetzes am 1. Juni 2022 hat das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung nun „Entscheidungsleitlinien für Solaranlagen auf Denkmälern“ erlassen – wie RUHR24 weiß, könnten dadurch bald schon mehr Solaranlagen die Denkmäler in NRW schmücken.
Neues NRW-Denkmalschutzgesetz von 2022 soll Umbau von Denkmälern vereinfachen
Der Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden, der in NRW bis 2022 durch das NRW-Denkmalschutzgesetz von 1980 geregelt war, schlägt in der Branche wieder hohe Wellen. Grund dafür ist eine Neuerung des Gesetzes in diesem Sommer, die nicht überall auf Gegenliebe stieß. Das Land NRW will den Prozess vereinfachen, Denkmäler mit Solaranlagen auszustatten – gegen den Klimawandel und für eine bessere Energieversorgung.
Durch das umstrittene neue Denkmalschutzgesetz wurde zuletzt die Entscheidungshoheit darüber, ob ein Denkmal umgebaut oder abgerissen werden kann, den Kommunen selbst und nicht mehr unabhängigen Denkmalschutz-Experten übertragen. Jetzt müssen sich die kommunalen unteren Denkmalschutzbehörden vor Ort bei einem Umbau eines Denkmals die Argumente der Fachleute der Landesdenkmalämter nur noch anhören – statt wie zuvor konkret miteinzubeziehen.
Dann kann die erforderliche Erlaubnis für eine mögliche energetische Sanierung erteilt werden. In Dortmund hatte das neue Denkmalschutzgesetz bereits gravierende Folgen für einen Stadtteil.
NRW-Landesregierung will mehr Solaranlagen auf Denkmälern und veröffentlicht „Entscheidungsleitlinien“
Neu ist auch, dass Instandsetzungsarbeiten keiner Genehmigung bedürfen, „wenn sie sich nur auf Teile des Denkmals auswirken, die für seinen Denkmalwert ohne Bedeutung sind“. Dieser Freifahrtschein für bauliche Veränderungen durch die Eigentümer stieß zuletzt in Bochum auf Kritik – Die Stadt befürchtet den Verlust oder die Beschädigung vieler historischer Gebäude.
Auch die Gesetzesformulierung, dass die Erhaltungspflichten von NRW-Denkmälern „nur noch im Rahmen des Zumutbaren“ gelten, sorgte bei einigen Denkmalschützern für Verunsicherung. Ebenso wie die Neuerung, dass Besitzer von Denkmälern nun selbst die Löschung ihres Besitzes von Denkmallisten vorschlagen und damit den Weg für den Abriss freimachen können.
Kritik am NRW-Denkmalschutzgesetz wird laut – „Gefährdung unserer Denkmallandschaft“
Das rief wenig überraschend zahlreiche Kritiker auf den Plan, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Durch Demonstrationen, Petitionen und sogar die „Düsseldorfer Erklärung“ mehrerer Initiativen wollten die Gegner die Gesetzesänderung, die im April 2022 beschlossen wurde, verhindern. Das Gesetz führe „zu einer eklatanten Gefährdung unserer Denkmallandschaft“, so Dr. Steffen Skudelny, Vorstandsmitglied der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).
Aus der Sicht der Kritiker sei es falsch, dass in Kommunen von nun an teilweise nicht wissenschaftlich ausgebildetes Personal über Sanierung oder Abriss von Denkmälern entscheiden soll. Ziel des Gesetzes sei es ihrer Meinung nach, historische Gebäude durch das neue Gesetz lukrativer vermarkten zu können – „Denkmalsturz statt Denkmalschutz“ eben.
Befürworter des neuen NRW-Gesetzes sehen Chance, „Denkmalpflege und Energiewende“ in Einklang zu bringen
Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) befürwortet hingegen die Gesetzesnovelle. Er erklärt, dass man dank des neuen Gesetzes „Denkmalpflege und Energiewende in Einklang bringen“ könne. Es sei gut, dass man in NRW als „Energieland Nummer eins und gleichzeitig Land des Denkmäler“ denkmalgeschützte Gebäude nun leichter umnutzen könne. Davon können insbesondere Kirchen, die mit Mitgliederschwund und schrumpfenden Gemeinden kämpfen, profitieren.
So könne man in NRW nun deutlich leichter Solaranlagen auf denkmalgeschützten Dächern platzieren. Etwa 82.000 denkmalgeschützte Bauten gibt es hierzulande, das entspricht etwa 1,5 Prozent aller Gebäude. Von denen sind laut LEE NRW „rund 80 Prozent im Besitz privater Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer“. Jetzt könne man sie „wirtschaftlicher machen“. Gleichzeitig könne man bezahlbaren Wohnraum schaffen und zum Klimaschutz beitragen.
In NRW gibt es rund 82.000 denkmalgeschützte Bauten – Großteil gehört Privateigentümern
Indem man nun leichter Solaranlagen auf Denkmäler setzen und denkmalangepasste Sanierung vornehmen kann, würde man auch der Energie-Abhängigkeit begegnen können, die der Ukraine-Krieg mit sich bringt. Entsprechend wichtig sei es, dass auch auf Denkmälern Energie gewonnen wird, schließlich lägen dort „viele Potenziale“, so Reiner Priggen, Vorsitzender des LEE NRW.
Bezahlbaren Wohnraum in denkmalgeschützten Gebäuden zu schaffen, sei auch grundsätzlich nicht falsch, kontert Skudelny in der SZ. Er und seine Mitstreiter wollen nur, dass dabei möglichst viele geschichtliche Spuren bewahrt werden. „Investoren, die meinen, vom Denkmal nur profitieren zu können“, seien aber nicht im Sinne des Denkmalschutzes.
Kritik am Ende des fachlich begleiteten Denkmalschutzes – Signalwirkung für ganz Deutschland?
Die energetische Sanierung denkmalgeschützter Bauten stehe schon lange auf der Agenda – alte Gebäude seien nicht per se schlecht fürs Klima. Zu den Sorgen der Kritiker gesellt sich zudem die Angst davor, dass das Gesetz Schule machen und in ganz Deutschland für schwingende Abrissbirnen an denkmalgeschützten Gebäuden sorgen könne.
Jetzt hat die schwarz-grüne Landesregierung NRW also die „Entscheidungsleitlinien für Solaranlagen auf Denkmälern“ veröffentlicht. Laut Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitales, wollen viele Eigentümer von Denkmälern „einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und ihr Denkmal mit einer Solaranlage zukunftsfest machen“. Das solle durch die neuen Entscheidungsrichtlinien leichter werden.
NRW-Ministerium will Eigentümern die energetische Sanierung ihrer Denkmäler vereinfachen
Ohnehin ist es in NRW grundsätzlich erlaubt, solche Solaranlagen auf die Dächer von Denkmälern zu bauen, „wenn sie keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals darstellen“. Die Entscheidungsleitlinien sollen für Behörden und Eigentümer klarmachen, „wo, wie und unter welchen Bedingungen die Errichtung einer Solaranlage auf, an oder in der Nähe von Denkmälern ermöglicht werden kann“, sagt Scharrenbach.
Mithilfe der Leitlinien wird geprüft, ob die Solaranlagen in NRW beispielsweise auch „auf nachrangigen Nebengebäuden“ errichtet werden können. Sofern das Erscheinungsbild von künstlerisch geschützten Denkmälern beeinträchtigt und/oder die Bausubstanz beim Bau der Solaranlage beschädigt wird, solle das Vorhaben nicht erlaubt werden.
Leitlinien sollen NRW-Behörden und Eigentümern beim Bau von Solaranlagen helfen
Generell erlaubt werden sollen Solaranlagen auf NRW-Denkmälern, „die nicht vom öffentlichen Raum aus einsehbar sind“ werden. Sofern sie doch öffentlich sichtbar sind, dürfen die Solaranlagen nur dann gebaut werden, „wenn sie reversibel sind, nur minimal in die Substanz (...) und damit nur geringfügig in das Erscheinungsbild eingreifen“.
Im Klartext: Solaranlagen, die Denkmäler in NRW verschandeln, bleiben verboten. Doch da liegt natürlich auch ein gewisser Ermessensspielraum. Das Bauministerium legt diesbezüglich Wert darauf, dass sich die Solaranlagen „möglichst der eingedeckten Dachfläche unterordnen müssen“ und dass „das Dach des Denkmals (...) nicht fremdartig überformt wird“.
Solaranlagen dürfen NRW-Denkmälern nicht verschandeln
Damit Denkmäler in NRW-Städten wie Bochum und Dortmund weiterhin beliebte Touristenziele und Wohnorte bleiben, sollten die Solarziegel beispielsweise farblich in die Dachfläche integriert werden. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit die neuen Entscheidungsleitlinien bei zukünftigen Umbauarbeiten an Denkmälern umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund der umstrittenen Änderung des Denkmalschutzsgesetzes werden womöglich auch sie zur Zielscheibe von Kritikern werden.
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