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Kritik an Bundes-Notbremse: Lehrerverband fordert neuen Inzidenz-Grenzwert für Schulen

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Von: Lea Sarah Wolfram

Präsenzunterricht trotz einer Inzidenz von über 100? Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes hat für die Entscheidung der Politik für die Schulen kein Verständnis.

NRW – Erst 200, jetzt 165 – der Inzidenz-Grenzwert, der in der Bundes-Notbremse für Schulschließungen festgelegt wird, soll zwar bereits gesenkt worden sein. Doch dem Lehrerverband ist der Wert noch immer zu hoch, wie msl24.de* berichtet. Deswegen fordert der Verbandspräsident bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie* eine neue Höchstgrenze an Neuinfektionen, bei der Schulen in den Distanzunterricht zurückkehren sollen.

Corona-Maßnahmen: DL-Präsident fordert für Schulen eine Inzidenz-Grenze von 100

Der Deutsche Lehrerverband (DL) ist die Dachorganisation mehrerer Bundesverbände und vertritt laut eigenen Angaben deutschlandweit die Interessen von rund 165.000 Lehrerinnen und Lehrern. In einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Medien-Gruppe vom Dienstag äußerte sich DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger zu der angekündigten Senkung des Inzidenzwertes, der als Maßstab für die Entscheidung über Präsenz- oder Distanzunterricht dient. Zwar sei der Wechsel von 200 auf 165 ein Fortschritt, so Meidingter. Doch das sei nicht ausreichend: „Präsenzunterricht muss ab einer Inzidenz von 100 beendet werden.“

Der DL-Präsident zeigte sich verwundert darüber, dass bei Schulen ein anderer, gröberer Maßstab angelegt werde als in den restlichen Bereichen der Gesellschaft. Denn die geplante Bundes-Notbremse soll bekanntlich bei der Überschreitung einer Inzidenz von 100 zum Einsatz kommen – bei Schulen hingegen liegt sie weiterhin deutlich höher. Dafür habe er kein Verständnis, wie Heinz-Peter Meidinger sagte.

Um eine Ausbreitung des Virus in den Schulen wirksam zu stoppen, muss der Präsenzunterricht bereits ab einer Inzidenz von 100 beendet werden.

Heinz-Peter Meidinger gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe

Politiker gespalten bei Inzidenz von 165 für Schulen

Gründe für den noch immer höheren Wert für Schulen sei, dass die Betreuung von Schulkindern für die Eltern eine enorme Belastung darstelle, und dass Kinder und Jugendliche zudem weniger gut auf menschliche Kontakte verzichten könnten als Erwachsene. Diese Erklärungen entnahm die Deutsche Presse-Agentur (dpa) einem „Fragen- und Antwortenkatalog“ aus der Unionsfraktion des Bundes.

In der Politik zeigten sich mehrere Politiker auch erfreut darüber, dass bei der Bundes-Notbremse nicht mehr an der 200er Marke festgehalten wird, wie die dpa weiter berichtet. So sei die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bund, Sabine Dittmar, „wahnsinnig froh, dass wir von den 200 weggekommen sind.“ Die 165 sei zudem aus einer einfachen Rechnung entstanden, wie der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese erklärte: „Letztendlich resultiert die 165 daraus, dass am Montag der Durchschnittswert aller 16 Bundesländer beim Inzidenzwert bei ungefähr 165 lag.“

Für Karl Lauterbach von der SPD hingegen ist die Inzidenz für Schulen ebenfalls zu hoch angesetzt, wie der Gesundheitsexperte auf Twitter schrieb: „Bei Inzidenz von 165 liegt die Inzidenz bei Kindern und Eltern viel höher, schon jetzt bei Kindern um 240. Wenn mehr Ältere geimpft sind, steigt die Inzidenz bei Eltern und Kindern stetig an. Sie tragen höchstes Risiko.“ Lauterbach hatte sich kurz darauf auch erneut zu Ausgangssperren geäußert und nochmals deren Wirksamkeit betont. Die Maßnahme soll ebenfalls im Rahmen der Bundes-Notbremse festgeschrieben werden.

Schul-Schließungen ab 100er Inzidenz? Viele Kreise in NRW überschreiten bereits 200er Marke

Derzeit gilt zumindest für Schulen in NRW noch immer eine Höchstgrenze von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen. Dies hatte das Land unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in einer neuen Allgemeinverfügung am vergangenen Freitag festgelegt. Viele Kommunen überschreiten jedoch auch diesen hohen Wert bereits, zum Teil sogar deutlich. Deswegen setzten in über 20 Kommunen in NRW die Schulen die geplante Rückkehr zum Präsenzunterricht im Wechselmodell vorerst aus. Für Kritik hatte zuletzt auch die neue Testpflicht für Corona-Selbsttests an Schulen geführt. Dies hatte sogar zu einer Klage gegen die Testpflicht an Schulen am OVG in Münster geführt. Am Montag (19. April) brach ein Schüler an einem Gymnasium in Paderborn bei einem Corona-Selbsttest zusammen*, die Schule gab jedoch schnell Entwarnung.

Schüler:innen tragen im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz
Schulen in NRW bieten solange Präsenzunterricht im Wechselmodell an, bis die lokale Inzidenz drei Tage in Folge die 200er Grenze überschreitet. (Symbolbild) © Georgios Kefalas/dpa

In 14 der 53 Kreise oder kreisfreien Städte liegt die Inzidenz am Dienstag (20. April) über 200, in nur fünf liegt die Inzidenz unter 100. Die Gesamt-Inzidenz von NRW liegt bei 168,4. Da es jedoch an diesem Tag zu „erhebliche Störungen im Landesverwaltungsnetz“ kam, kam es bei der Übermittlung der Infektionszahlen durch die Gesundheitsämter an das Landeszentrum für Gesundheit NRW zu Verzögerungen. Die Zahlen sind deshalb unvollständig. Doch bereits in den Vortagen waren die Inzidenzen deutlich erhöht. (*msl24.de und owl24.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA)

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