Zahlreiche Bahnstrecken stillgelegt – doch eines Tages sollen dort wieder Züge durch NRW rauschen
Hunderte Bahnkilometer in NRW sind stillgelegt. In Zukunft sollen viele davon aber wieder reaktiviert werden. Was für die nächsten Jahre geplant ist.
Köln – Verkehrsexperten sind sich einig: Der Bahnverkehr in Deutschland muss attraktiver werden. Denn ohne die Bahn ist eine umweltfreundliche Mobilitätswende nicht zu schaffen. Doch trotzdem gibt es immer noch eine ganze Reihe Städte, die überhaupt keine Bahnanbindung haben.
In NRW findet man beispielsweise mit Bergkamen (rund 49.000 Einwohner), Hemer (rund 34.000 Einwohner) oder Kamp-Lintfort (rund 37.000 Einwohner) gleich mehrere mittelgroße Städte, die vom Personennahverkehr auf der Schiene quasi abgeschnitten sind. Dort ist das kürzlich eingeführte 49-Euro-Ticket für viele schon allein deshalb keine Option, weil in ihren Städten gar keine Bahn fährt. Einer der Gründe dafür: In den vergangenen Jahrzehnten wurden hunderte Kilometer Bahnstrecken stillgelegt. Allein in Nordrhein-Westfalen waren es seit 1994 nach Angaben des Eisenbahn-Bundesamtes fast 600 Kilometer.
Über 200 Kilometer stillgelegte Bahnstrecken in NRW sollen reaktiviert werden

Seit einiger Zeit zeigt der Trend wieder in eine andere Richtung. Viele Bahnstrecken, die jahrelang brach lagen, wurden in den vergangenen Jahren reaktiviert. Nach Angaben der Interessenorganisation „Allianz pro Schiene“ waren es seit 2019 in NRW 48 Kilometer. Und geplant ist, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre noch viele mehr dazukommen. „Ein weit verzweigtes und gut ausgebautes Eisenbahnnetz bildet das Rückgrat eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV in Nordrhein-Westfalen. Viele Eisenbahnstrecken in Nordrhein-Westfalen liegen jedoch brach, obwohl sie sinnvoll für den ÖPNV genutzt werden könnten“, sagt dazu auch der Fahrgastverband Pro Bahn.
Das könnte sich in den nächsten Jahren aber Stück für Stück ändern. Denn laut der sogenannten „Zielnetzkonzeption 2032/2040“ sollen bis 2032 in Nordrhein-Westfalen insgesamt 13 Bahnstrecken reaktiviert werden. Das wären über 200 stillgelegte Streckenkilometer, die dann wieder genutzt werden könnten. Nicht nur das: Sie würden auch einige Städte und Gemeinden an die Schiene anbinden, die aktuell keine entsprechende Verbindung haben. Zwölf Kommunen erhielten dann einen direkten Anschluss an den Schienenpersonennahverkehr, heißt es in den Plänen.
Diese NRW-Städte sollen durch die Reaktivierung von Strecken eine Bahnanbindung erhalten
- Aldenhoven (Kreis Düren): Reaktivierung der Strecke Alsdorf–Baesweiler auf der Linie RB20
- Baesweiler (Städteregion Aachen): Reaktivierung der Strecke Alsdorf–Baesweiler auf der Linie RB20
- Harsewinkel (Kreis Gütersloh): Reaktivierung der Strecke Harsewinkel–Gütersloh–Verl auf der Linie RB76
- Herten (Kreis Recklinghausen): Reaktivierung der Strecke Gladbeck–Herten–Recklinghausen auf der Linie S9
- Kamp-Lintfort (Kreis Wesel): Reaktivierung der Strecke Moers–Kamp-Lintfort auf der Linie RB44
- Lotte (Kreis Steinfurt): Reaktivierung der Strecke Osnabrück–Recke auf der Linie RB62
- Mettingen (Kreis Steinfurt): Reaktivierung der Strecke Osnabrück–Recke auf der Linie RB62
- Recke (Kreis Steinfurt): Reaktivierung der Strecke Osnabrück–Recke auf der Linie RB62
- Sendenhorst (Kreis Warendorf) : Reaktivierung der Strecke Münster–Sendenhorst auf der Linie S68
- Sundern (Hochsauerlandkreis): Reaktivierung der Strecke Neheim-Hüsten–Sundern auf der Linie RB56
- Verl (Kreis Gütersloh): Reaktivierung der Strecke Harsewinkel–Gütersloh–Verl auf der Linie RB76
- Westerkappeln (Kreis Steinfurt): Reaktivierung der Strecke Osnabrück–Recke auf der Linie RB62
Reaktivierung einiger Bahnstrecken ist kompliziert

Weitere Bahnstrecken sollen laut Konzept unter anderem zwischen Ratingen und Duisburg, zwischen Stolberg und Eupen in Belgien oder zwischen Oberhausen und Voerde reaktiviert werden. Auf allen Strecken übrigens auch gleich mit mehreren neuen Haltestellen. „Durch Reaktivierungen von Bahnstrecken sowie durch den Bau zusätzlicher Stationen werden weitere Kommunen besser erschlossen oder Ortsteile wieder an die Schiene angebunden“, heißt im Konzept des Landes, an dem auch der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL), Nahverkehr Rheinland (NVR) und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) beteiligt sind.
Ob alles so umgesetzt werden kann, wie geplant, bleibt aber abzuwarten. Mobil.nrw spricht in einer Mitteilung von Mitte April 2023 zunächst vor allem von der Reaktivierung von drei Bahnstrecken: der Westfälischen Landeseisenbahn zwischen Münster und Sendenhorst, der Teutoburger Wald-Eisenbahn zwischen Harsewinkel, Gütersloh und Verl sowie der Niederrheinbahn zwischen Kamp-Lintfort und Moers. „Weitere Reaktivierungsprojekte werden derzeit geprüft“, heißt es weiter.
Dazu kommt: Mal eben schnell lassen sich die stillgelegten Bahnstrecken nicht reaktivieren. Denn teilweise wurden sie vor der Stilllegung für den Güterverkehr genutzt. Um sie aber für den Personenverkehr fit zu machen, gibt es ganz andere Anforderungen. Das wurde erst vor wenigen Wochen in Bezug auf die Strecke Münster–Sendenhorst festgestellt, wie wa.de berichtet. Dort wollte man zunächst ab 2025 wieder Bahnen fahren lassen. Inzwischen wurde der Plan angepasst – auf die zweite Jahreshälfte 2026. (bs)