NRW entschädigt tausende „Verschickungskinder“: „Erlitten schlimme Traumata“
Sie wurden bis in die 70er-Jahre in Erholungsheime gesteckt, weil sie krank oder zu dünn waren. Nun sollen Verschickungskinder von damals in NRW entschädigt werden.
NRW – Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 70er-Jahre wurden viele Kinder aus Deutschland in sogenannte Erholungsheime verschickt. Nach außen kommuniziert hat die Politik, dass die Kinder sich hier regenerieren sollten. In Wahrheit haben viele von ihnen Misshandlungen und schlimme Traumata erlitten. Nun will die NRW-Landesregierung das Kapitel aufarbeiten und die Betroffenen entschädigen.
Verschickungskinder sollen vom Land NRW „entschädigt“ werden
In Düsseldorf hat sich nun ein Gremium zum Thema Verschickungskinder gebildet, wie das Land NRW informiert. Gemeinsam wollen die Teilnehmer das damals Geschehene aufarbeiten. Dafür sollen auch die entsprechenden Akten gesichert werden. Damit kommt das Land NRW einem Beschluss des Landtags nach und hält gegenüber den Betroffenen zumindest zunächst Wort.
„Sie müssen oftmals bis heute mit den Nachwirkungen umgehen. Es ist höchste Zeit, dieses Leid wahrzunehmen sowie die Ursachen und die Umstände, unter denen es zugefügt wurde, systematisch und umfassend zu erforschen und aufzuarbeiten“, erklärt NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU).
Erlebnisse in deutschen Erholungsheimen nach dem Zweiten Weltkrieg
Unter anderem in Bad Dürrheim haben illegale Medikamententests an Kindern stattgefunden. In anderen Erholungsheimen haben Verschickungskinder Gewalt und Missbrauch erlebt. Die Geschehnisse von damals sind teilweise noch immer nicht aufgearbeitet. Betroffene sollen nun vom Land NRW Unterstützung erfahren und die Chance haben, sich noch besser zu vernetzen.
Es geht um bis zu 12 Millionen Kinder in Deutschland, die von den 50ern bis in die 70er-Jahre verschickt wurden. Tausende haben schlimme Traumata erlitten.
Neues Gremium soll Verschickungskindern in NRW Gehör verschaffen
Das neue Gremium soll auch dafür Platz bieten, dass sich Betroffene austauschen können und ihren Erlebnissen Gehör verschafft wird. Detlef Lichtrauter ist erster Vorsitzender des Vereins Aufarbeitung Kinderverschickungen-NRW. Er fordert eine unabhängige und wissenschaftliche Aufarbeitung (mehr NRW-News bei RUHR24).
„Viele Betroffenen leiden noch heute unter den Folgen, die zum Teil jahrzehntelang ignoriert wurden. Deshalb muss der Runde Tisch auch über geeignete Therapieangebote sprechen“, meint er. Neben dem Verein nahmen unter anderem auch die beiden Landschaftsverbände, Vertreter der Kirche, die Ärztekammer und Politiker am Runden Tisch teil.

Die nächste Sitzung ist für September angesetzt. Der Runde Tisch zum Thema Verschickungskinder in NRW soll nun regelmäßig zusammenkommen und schauen, mit welchen Angeboten Betroffene unterstützt werden können.