Hitze in NRW: Wir müssen das „stille Unwetter“ endlich ernst nehmen
Die Hitze hatte NRW mit knapp 40 Grad fest im Griff. Wir müssen sie endlich als richtiges Unwetter behandeln und nicht unnötig romantisieren.
Dortmund – Menschen versperren wegen der Hitze ihre Fenster mit Schrankwänden vom Sperrmüll. Was nach einem Dystopie-Film klingt, ist laut Spiegel in den Hochhaussiedlungen von Köln-Chorweiler in NRW jetzt aber bittere Realität geworden. Menschen leiden vielfältig unter Hitze. Wir müssen das sogenannte „stille Unwetter“ endlich ernst nehmen, mahnt RUHR24-Redakteur Dennis Liedschulte.
Hitze in NRW: Kein Sommernachtstraum, sondern ein „stilles Unwetter“
Der Begriff „stilles Unwetter“ ist noch nicht flächendeckend präsent, wird aber mehr und mehr von Medien aufgegriffen. Und er passt. Denn im Vergleich zu Schnee, Sturm und Gewitter ist Hitze leise – aber trotzdem gefährlich. Aus subjektiver Sicht scheinen extrem hohe Temperaturen sogar tödlicher zu sein, als die lauten Unwetter zusammen (mehr News aus NRW bei RUHR24).
Als junger Mensch lassen sich ein, zwei Hitzetage gut verkraften. Der gut situierte Teil der Bevölkerung ist im Eigenheim mit Garten, Keller, Klimaanlage, Rollladen und anderen Annehmlichkeiten sowieso fein raus. Aber was ist mit den Älteren, den Ärmeren?
Hitze ist nicht nur nervig, lähmend und anstrengend. Nein, sie tötet auch. Die größte Klimakatastrophe der vergangenen Jahre ist nicht etwa die Flut im Ahrtal im Jahr 2021, die „Jahrhundertflut“ an der Elbe im Jahr 2002 oder diverse Orkane. Sondern der Hitzesommer des Jahres 2003, an dem bis zu 70.000 Menschen in Europa gestorben sind.
Hitze in NRW: Sommer von 2003 war bislang die größte Klimakatastrophe
Hand auf‘s Herz: Wie viele hätten bei Klimakatastrophe an den Sommer 2003 gedacht? Ich ganz sicher nicht. Auch in den Hitzewellen der Jahre 2018 bis 2020 hat es laut einer Studie, über die am 1. Juli 2022 Die Zeit berichtet hat, um die 19.000 Hitzetoten gegeben. Im laufenden Sommer sind daran ebenfalls schon Menschen gestorben, vor allem in Portugal und Spanien.
Doch warum ist die Hitze im Vergleich zu Überflutungen und Stürmen in unseren Köpfen nicht so präsent?

Die Medien – natürlich auch wir bei RUHR24, wie ein Artikel über Hitze im Juni in NRW beweist – tragen ihren Teil dazu bei. Viele Artikelbilder zeigen Eis essende Kinder, idyllische Badeseen oder Menschen im Park oder Freibädern. Das suggeriert ein falsches Bild. Stattdessen wären Feld- oder Waldbrände, verbarrikadierte Fenster oder schwitzende Menschen eindeutig passender.
Hitze in NRW: Mit hohen Temperaturen verbinden wir zu häufig etwas Positives
Wir verbinden mit Hitze auch etwas Positives. Aus unserer Kindheit kennen wir doch alle den Spruch „ins Warme fahren“. Hohe Temperaturen haben auch immer etwas von Südeuropa und „schönes Wetter“ ist ja auch okay. Aber 33 Grad um 8 Uhr morgens oder 22 Uhr abends sind halt kein schönes Wetter, sondern ein „stilles Unwetter“, das nervt, anstrengt, lähmt und auch tötet.
Es ist wichtig für Städte und Bundesländer, sich jetzt zu orientieren. Beispielsweise haben die Städte Berlin und Köln einen Hitzeschutzplan, bei dem der Schutz der älteren Bevölkerung im Vordergrund steht. Doch auch für die Medien ist es wichtig, Hitze nicht mehr mit Freibad-Fotos zu romantisieren, sondern das Problem hervorzuheben. Und jeder Einzelne sollte in der Nachbarschaft schauen, welcher Nachbar bei Hitze besonders Hilfe braucht.
Christian Sievers, „Heute-Journal“-Moderator hat es mit seiner Anmoderation am 19. Juli 2022 wohl auf den Punkt gebracht: „Es kann sein, dass dies der kälteste Sommer ist für den Rest unseres Lebens.“ Hinweis: Dieser Kommentar entspricht der Meinung des Autors und muss nicht zwingend die Ansicht der gesamten Redaktion widerspiegeln.