Bildungsland

Lehrermangel in NRW: Diese Fächer sind jetzt besonders gefragt

In NRW werden die Lehrer knapp. Zehntausende Stellen müssen künftig besetzt werden. Das Land hofft auf Quereinsteiger und Spezialkräfte. Reicht das?

NRW – Nordrhein-Westfalen bezeichnet sich selbst als Bildungsland. Dabei fehlen immer mehr Lehrer. 2018 lag die Lücke bei rund 200 Stellen im Jahr. Für die kommende Dekade rechnet das Ministerium mit rund 450 weiteren unbesetzten Stellen pro Jahr. Diese Lücke will die Landesregierung nun mit einigen Tricks füllen.

Lehrermangel in Nordrhein-Westfalen: Zu viele Kinder, zu wenige Absolventen

Gebraucht werden bis zum Schuljahr 2031/32 etwa 79.000 neue Lehrer in NRW. Verfügbar sind voraussichtlich nur 74.500, eine Lücke von 4500 Stellen – im besten Fall. Doch woran liegt es überhaupt, dass immer mehr Lehrer fehlen? Bereits in der „Lehrkräftebedarfsprognose“ von 2018 wurde das Problem erwartet. Schon damals wurden viele Kinder geboren, die sechs Jahre später automatisch schulpflichtig werden.

Das schlägt sich nun in den Schulen nieder: „Es ist derzeit in bestimmten Lehrämtern nicht mehr möglich, alle zur Verfügung stehenden Stellen mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen“, schreibt Bildungsministerion Dorothee Feller (CDU) in der neuen Prognose vom 15. März 2023. Bereits jetzt sind 8000 Stellen frei. Eine Ausnahme sind Gymnasien, wo es bereits jetzt mehr Lehrer als Stellen gibt.

Hinzu kommen weitere Unsicherheiten: Unklare Studienkapazitäten, demografische Entwicklung, Zuwanderung (etwa aus der Ukraine), bildungspolitische Veränderungen. Im Unterricht macht sich das bemerkbar: Die Abitur-Noten der Schüler in NRW werden immer besser, für die Uni sind sie aber trotzdem oft nicht geeignet.

Lehrermangel in NRW: An diesen Schulen in NRW werden künftig Lehrkräfte fehlen

Zunächst sollen mehr Lehrkräfte an den Hochschulen ausgebildet werden. Dazu braucht es mehr Studienplätze an den Unis. Bis 2031 soll es 1900 Absolventen im Grundschulbereich geben. Dazu braucht es aber auch junge Menschen, die den Job machen wollen. Durch den Lehrermangel winken „auf Dauer sehr gute berufliche Einstiegschancen“, wie es das Bildungsministerium formuliert (alle News aus NRW auf RUHR24 lesen).

Lehrer sollen in NRW zudem mehr Gehalt bekommen, kündigt das Schulministerium an. Beamte an Grundschulen und der Sekundarstufe I landen künftig in Besoldungsgruppe A13 und verdienen damit mehr als 4000 Euro im Monat. „Vergleichbar Tarifbeschäftigte“ sollen ein ähnliches Gehalt bekommen.

SchulformBedarf jährlich bis 2031Angebot jährlich bis 2031
Berufskolleg950600
Sonderpädagogik13501100
Grundschule17001400
Haupt-, Real-, Gesamtschule16501000
Gymnasium22003000

Der „Lehrerverband Schall“ in NRW schlägt längst Alarm. Er fordert eine Investition über 25 Milliarden Euro in das Bildungssystem. Nur so lasse sich der von der Kultusministerkonferenz befürchtete Mangel von gar 25.000 Lehrern bis 2025 beheben sowie die maroden Gebäude sanieren. 1800 Schulen, vor allem im Ruhrgebiet, sollen Soforthilfen bekommen.

NRW will Lehrermangel an Schulen mit Tricks bekämpfen: Verschieben, Quereinsteiger, Alltagskräfte

Doch weil das Problem an den Schulen so drängend ist, versucht das Bildungsministerium NRW auch mit allerhand Tricks, den Lehrkräftemangel zu beheben. Weil es vor allem an Grundschullehrern mangelt, sollen dort bald auch überschüssige Gymnasial- und Gesamtschullehrer unterrichten dürfen. Vor allem an den Gymnasien gibt es einen Überhang an Personal.

Doch auch dann sitzt kurzfristig nicht hinter jedem Pult ein Lehrer. Ministerin Feller greift also ein wenig in die Trickkiste: „Um die bestehenden Lücken aber möglichst schnell zu verkleinern, setzen wir kurz- und mittelfristig auch auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger. Zudem sollen Alltagshelferinnen und Alltagshelfer unsere Lehrkräfte entlasten.“

NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) muss tausende Lehrstellen besetzen.

Wer also Biologie, Mathematik oder Kunst studiert hat, aber nicht auf Lehramt, kann mittels einer Qualifikation dennoch an fast allen Schulen unterrichten, die einen Seiteneinstieg zulassen. Ausgenommen sind Deutsch und Mathematik an Grundschulen. Alltagshelfer wurden bereits in Kitas eingesetzt und haben etwa bei Organisation und Ausflügen geholfen.

Welche Fächer an Schulen in NRW künftig gefragt sind – und welche nicht

Laut der Bedarfsprognose sind die Aussichten der Lehramtsabsolventen aber nicht gleich gut. Wer etwa ein Nischenfach studiert, kann später Probleme bei der Einstellung bekommen. Künftig soll auch die Künstliche Intelligenz „ChatGPT“ in NRW-Schulen angewandt werden.

Lehrer für Hauptfächer werden in NRW fast überall gesucht:

  • Deutsch
  • Mathematik
  • Englisch
  • Sport

Für einige Fächer gebe es auch in den kommenden Jahren „kaum Einstellungsbedarf“:

  • Geschichte (viele junge Lehrer)
  • Fremdsprachen (hängt von der Wahl der Schüler ab)
  • Niederländisch (geringes Unterrichtsvolumen)

Lehramtsstudierende sollten aber mindestens ein Fach wählen, in dem persönliches Interesse besteht, rät das Ministerium. Eines der Fächer sollte zumindest gefragt sein. Auch wer nicht nur an der Schule in seiner Heimatstadt unterrichten will, sondern flexibel ist, erhöht seine Einstellungschancen.

Künftig will das NRW-Bildungsministerium bereits alle drei Jahre prüfen, wo wie viele Lehrer gebraucht werden. Hier gibt es die aktuelle Bedarfsprognose für Lehrer in NRW (PDF).

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