Tausende Long-Covid-Fälle nach Corona-Infektion in NRW
Long Covid bleibt ein Rätsel. Tausende Menschen in NRW leiden unter Spätfolgen von Corona. Es gibt Therapiemöglichkeiten.
Dortmund – Mehr als 35 Millionen Corona-Fälle sind bislang vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Deutschland seit Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 registriert worden. Impfstoffe wurden entwickelt, die Varianten sind mit der Zeit schwächer geworden. Ein Phänomen bleibt jedoch ein Mysterium: Long Covid. Wer erkrankt daran? Wie sieht der Leidensweg aus? Gibt es Therapiemaßnahmen in NRW? RUHR24 hat sich umgehört.
Long Covid verändert das Leben der Menschen in NRW – tausende Menschen betroffen
Das Coronavirus hat das Leben vieler Menschen verändert. Nicht nur durch die unterschiedlichsten Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie mussten sich viele Bürgerinnen und Bürger umstellen. Viele leiden auch Wochen nach einer überstandenen Infektion an Spätfolgen. Auch wenn der Schnelltest längst negativ ist, spürt der eine oder andere, dass das Leben nicht mehr so ist, wie vor der Infektion. Das Potenzial, an Long Covid zu leiden, ist vorhanden.
Was ist Long Covid? Der Begriff – auch Post-Covid genannt – bezeichnet Langzeitfolgen, die lange nach einer Corona-Erkrankung auftreten können. Laut Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sind Langzeitfolgen nach einer Viruserkrankung kein neues Phänomen – man kenne es bereits von der Spanischen Grippe. Allerdings ließen Studien vermuten, dass Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion „häufiger und länger auftreten“.
Wie sehen die Langzeitfolgen aus? Das Bundesgesundheitsministerium schreibt, dass vieles noch unbekannt ist, da das Themenfeld noch relativ neu sei und Forschungen gerade anlaufen. Die Symptome sind aber vielfältig. Sie reichen vom Erschöpfungssyndrom, Kurzatmigkeit und Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen, bis hin zu Fieber und Depressionen.
Erschöpfung nach einer Corona-Infektion – Diagnose Long Covid schränkt Alltag ein
Vor allem Erschöpfung, auch Fatigue genannt, betreffe viele Menschen, die an Long Covid leiden. Das bestätigt auch Dr. Ralf Schneider, Chefarzt der Paul-Ehrlich-Klinik in Bad Homburg im Gespräch mit RUHR24. „Wir haben festgestellt, dass Patienten, die eigentlich vor der Corona-Infektion topfit waren, plötzlich banale, körperliche Anstrengungen nicht mehr bewältigen können. Ein Treppenaufstieg war vor der Infektion selbstverständlich, nach der Erkrankung ist solch ein Akt Anstrengung pur.“
Schneider verrät, dass tendenziell eher Menschen mit schwereren Corona-Verläufen neigen, auch an Post-Covid zu leiden. Jedoch sei auch das nur eine Einschätzung, da das Phänomen noch relativ neu sei. Er stellt aber auch fest, dass vor allem der Altersbereich zwischen 40 und 60 Jahren betroffen sei.

Tausende Long Covid-Fälle in NRW – Corona-Infektion hat schwerwiegende Folgen
Laut Zahlen der Krankenkasse Knappschaft Bahn-See gibt es allein in dieser Altersspanne 2456 Fälle in NRW, die bei der Knappschaft versichert sind. Zum Vergleich: Bei Menschen im Alter zwischen 20 und 39 sind 1647 Fälle registriert. Unklar bleibt jedoch, welche Covid-19-Fälle nicht erfasst worden sind und wie viele Long Covid-Patienten deswegen unentdeckt bleiben (mehr News zu Corona in NRW bei RUHR24).
Auf RUHR24-Nachfrage bei der Barmer könnte die Krankenversicherung keine aussagekräftigen Zahlen von Long Covid-Patienten aus NRW nennen. Der Grund: „Der ärztliche Diagnosecode, mit dem diese Erkrankung codiert werden soll, wurde erst kürzlich final festgelegt“, teilt Tobias Klingen, Pressesprecher der Barmer, mit.
Hunderttausende Krankheitstage in NRW wegen Long Covid – Hilfe durch Entspannung
Die AOK Westfalen-Lippe teilt auf Nachfrage folgendes mit: „Insgesamt fielen die bei der AOK NordWest versicherten Erwerbstätigen wegen Long oder Post Covid im bisherigen Pandemieverlauf an 193.915 Arbeitstagen aus.“ Vor allem Männer seien von Long Covid in Westfalen-Lippe häufiger betroffen, als Frauen, heißt es von der AOK. Da hat Dr. Ralf Schneider von der Reha-Klinik in Bad Homburg ein etwas anderes Bild. Er sagt, tendenziell etwas mehr Frauen betroffen seien.
Was jedoch wieder übereinstimmt, ist der Altersdurchschnitt. Auch die AOK gibt einen Altersschnitt von 48,7 Jahren bei Frauen und 50,5 bei Männern aus NRW an.
- Leidest du an Long Covid? Welche Symptome hast du und wie hat sich dein Leben seit der Diagnose verändert? Wenn du darüber sprechen möchtest, schreibe eine E-Mail an: tobias.arnold@ruhr24.de
Long Covid-Diagnose in Dortmund: Online-Coach soll Betroffene und Angehörige helfen
Eine Long-Covid-Erkrankung kann mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate andauern. Doch es gibt eine positive Nachricht: „Ja, Long Covid geht auch irgendwann wieder weg. Man muss aber Geduld mitbringen und die Krankheit akzeptieren“, so Schneider gegenüber RUHR24.
Wichtig sei, nicht zu übertreiben. Man könne die Symptome nicht einfach wegtrainieren. „Häufiges Treppensteigen hilft nicht. Atemübungen und Entspannungstherapien sind deutlich sinnvoller“, sagt Schneider.
Die AOK beispielsweise bietet für Long-Covid-Patienten aus Dortmund einen Online-Coach an. Das Angebot sei kostenfrei und soll Betroffenen, aber auch deren Angehörigen mit insgesamt 26 Erklär- und Übungsvideos beim Umgang mit der Erkrankung helfen.
Long-Covid-Ambulanzen in NRW
In Nordrhein-Westfalen gibt es zahlreiche Kliniken, die sich um Long-Covid-Patienten kümmern.
Eine Liste aller Long-Covid-Ambulanzen gibt es hier.