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NRW-Schüler wissen weniger – aber Abi-Noten werden immer besser

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Von: Julia Bremken

Trotz Einser-Abitur nicht studierfähig: Selbst Hochschulen beklagen sich über die Wissenslücken der Abiturienten in NRW. Deren Noten werden immer besser.

Dortmund – Immer mehr Abiturienten in NRW haben eine eins vor dem Komma stehen. Doch die zunehmende Intelligenz oder vermehrter Fleiß sollen nicht die Ursache dafür sein. Ganz im Gegenteil: Die Hochschulen beschweren sich über „studierunfähige“ Abiturienten. Denn trotz besserer Noten werden die Wissenslücken immer größer. Aber was sind die Gründe für diese Noteninflation?

Anzahl der Abiturabschlüsse mit Note 1,0 verdoppelt sich während Corona: So viele NRW-Schüler haben die Bestnote

Ein Abitur mit der Note 1,0 – für viele Schüler ist das vermutlich ein Traum. Schließlich stehen einem damit beruflich alle Türen offen. Doch nur die wenigstens schaffen es, die dafür notwendigen Leistungen zu erbringen.

Zumindest war das mal so, denn in den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Prüflinge mit Bestnote überraschen stark an. Im Jahr 2015 schlossen von knapp 80.000 Prüflingen in NRW gerade mal 1.200 ihr Abitur mit der Note 1,0 ab. Das sind gerade einmal 1,6 Prozent.

Nach der Corona-Pandemie sah das aber ganz anders aus, wie man den Ergebnissen des Schulministeriums NRW entnehmen kann. Von nicht einmal 72.000 Prüflingen haben nun doppelt so viele wie sieben Jahre zuvor ein Abitur mit Bestnote erzielt. 2.300 Schüler erhielten eine 1,0.

Liegt diese Verbesserung womöglich an den Erleichterungen für die Abschlussprüfungen der Schüler in und nach der Corona-Pandemie?

So wenig haben NRW-Schüler in der Corona-Zeit gelernt

Kaum Unterricht und wenig gelernt – das konnte auch das ifo Institut München über die Schulsituation während Corona bestätigen. Zwischen drei und vier Stunden weniger am Tag haben die deutschen Schulkinder mit schulischen Tätigkeiten während der Corona-Pandemie verbracht.

„Besonders bedenklich ist, dass 23 Prozent der Kinder sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule beschäftigt haben“, sagte der Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann, im Jahr 2021 (mehr News aus NRW bei RUHR24).

Damit ist klar: „Die Coronakrise ist eine extreme Belastung für die Lernentwicklung vieler Kinder“. Doch wieso haben dann so viele ein besseres Abitur, obwohl sie weniger gelernt haben?

Schüler wissen weniger und die Noten werden besser: „höhere Bildungsgerechtigkeit beim Abitur“ sei notwendig

„Empirisch betrachtet gibt es keine Anzeichen dafür, dass Schüler schlauer geworden sind“, sagt Nele McElvany, Direktorin des Instituts für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund, bereits vor der Corona-Pandemie dem Spiegel.

Seit Jahren schon warnt der Deutsche Philologenverband zudem davor, dass das Leistungsniveau an den Gymnasien sinkt. Der Verband vertritt knapp 90.000 Lehrer in Deutschland und fordert höhere Vergleichbarkeit und Bildungsgerechtigkeit beim Abitur sowie eine strengere Bewertung.

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Während Corona schafften viele Schüler ein besseres Abitur, obwohl sie deutlig weniger lernten. © Jörg Halisch/Imago

Ob die Lehrer nun aber wirklich milder benoten, die Aufgaben leichter geworden sind oder die besonderen Prüfungsvorbereitungen während der Pandemie die Ursache für die zahlreichen 1,0er-Abschlüsse sind, ist nicht sicher.

Fest steht aber, dass die verbesserten Abiturnoten nichts darüber aussagen, über wie viel Wissen die Schüler verfügen. Denn laut dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter-André Alt, gebe es gravierende Mängel, was die Studierfähigkeit zahlreicher Abiturienten angeht.

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