Besorgniserregende Statistik

Viele Messerangriffe und Schüsse: Darum war der Oktober in Dortmund so blutig

Der Oktober war in Dortmund in Sachen Messerattacken und Schüssen ein echter Horror-Monat. Wie will die Polizei die Gewalteskalation stoppen?

Dortmund – Messer-Attacken, versuchte Tötungsdelikte, Schüsse – der Oktober war in Dortmund ein gewaltreicher Monat. Fast kein Tag verging ohne eine blutige Attacke. Wie ist die Häufung zu erklären?

Polizei Dortmund nennt Gründe für steigende Zahl von Attacken mit Messer und Pistole

Auch der Dortmunder Polizei ist die gestiegene Zahl der oben genannten Delikte zuletzt nicht entgangen. Gegenüber RUHR24 gibt ein Sprecher an, dass zum einen der Wegfall der Corona-Maßnahmen dazu führe, dass wieder mehr Menschen am öffentlichen Leben teilnehmen. Zwangsläufig komme es dadurch wieder zu mehr Konflikten.

Zeitgleich stellt die Dortmunder Polizei jedoch fest, dass der Alkohol- und Rauschgiftkonsum in Dortmund zuletzt gestiegen sei. Dieser wiederum führe dazu, dass die Hemmschwelle für den Einsatz von Gewalt sinke. Ein Sprecher zu RUHR24: „Diese gesunkene Hemmschwelle zeigt sich vereinzelt auch beim Einsatz von Messern oder vergleichbaren Gegenständen, die mitgeführt und mitunter unmittelbar eingesetzt werden.“

Anzahl schwerer Attacken gegen das Leben: Oktober war ein schlimmer Monat in Dortmund

Letztlich äußerte sich dieses Phänomen in Dortmund in einer unheimlichen Anzahl an schweren Attacken im Oktober – unter anderem hier mit dem Messer:

  • 1. Oktober: Kampstraße, Innenstadt
  • 4. Oktober: Nordmarkt, Nordstadt
  • 11. Oktober: Bornstraße, Nordstadt
  • 15. Oktober: Jägerstraße Nordstadt
  • 17. Oktober: Kammerstück, Mengede
  • 21. Oktober: Mallinckrodtstraße, Nordstadt
  • 22. Oktober: Huckarde
  • 22. Oktober: Scheffelstraße, Nordstadt
  • 23. Oktober: Dietrich-Keuning-Park, Nordstadt
  • 24. Oktober: Clarenberg, Hörde
  • 25. Oktober: Braunschweiger Straße, Nordstadt
  • 27. Oktober: Blödieckstraße, Aplerbeck
  • 28. Oktober: Am Stuckenrodt, Scharnhorst
  • 28. Oktober: Eichwaldstraße, Wickede

Nebst Messer waren im Oktober auch Schusswaffen im Gebrauch. Für Aufsehen sorgte etwa eine Attacke im Bereich der Zimmerstraße und Priorstraße am Dortmunder Nordmarkt am 10. Oktober. Aus einem Auto heraus fielen Schüsse auf einen 28-Jährigen, der am Bein getroffen wurde und schwerverletzt in ein Krankenhaus kam.

Sechs versuchte Tötungsdelikte im Oktober in Dortmund

Erschreckend: Allein in sechs Fällen kam es in Dortmund im Oktober zu einem versuchten Tötungsdelikt. Zweimal war der Nordmarkt in der Dortmunder Nordstadt der Schauplatz. Was hat es mit diesem Ort auf sich – oder generell: warum gibt es immer wieder Gewalt in der Nordstadt?

Am Nordmarkt in der Nordstadt in Dortmund sind am 10. Oktober Schüsse aus einem fahrenden Auto abgegeben worden.

Bei der Polizei Dortmund beobachtete man zuletzt mehrfach Auseinandersetzungen im Bereich des Handels mit Betäubungsmitteln. Ebenso spielte bei mehreren Attacken Beschaffungskriminalität zur Finanzierung der Drogensucht eine Rolle. In der Nordstadt sieht die Dortmunder Polizei daher aktuell das größere Problem im Drogenmilieu als in der Clankriminalität (hier weitere Dortmund-News bei RUHR24 lesen).

Dortmunder Nordstadt bietet Nährboden für Kriminalität

Die örtlichen Strukturen böten „einen Rückzugsort für gesellschaftliche Randgruppen wie Alkoholkranke und Drogen konsumierende Personen“, so die Polizei. Die Probleme von Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, öffentlichem Alkoholkonsum und nicht zuletzt dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichsten Migrationsgruppen hätten daher Auswirkungen auf die Kriminalitätsbelastung.

Der Nordmarkt in der Dortmund Nordstadt ist immer wieder Schauplatz für Gewaltdelikte.

Gegenüber RUHR24 fasst ein Sprecher zusammen: „Die derzeit wahrnehmbaren Gewaltdelikte sind weniger der organisierten Kriminalität, sondern vielmehr Einzelpersonen zuzuordnen.“ Clans und auch Rocker verhielten sich gegenwärtig „eher unauffällig“, so die Polizei.

Delikte gegen das Leben nehmen in Dortmund in 2022 zu

Erschreckend: Von Januar bis September 2022 gab es in der Nordstadt bereits fünf Delikte, die sich gegen das Leben richteten. Dazu die sechs versuchten Tötungsdelikte im Oktober. Zum Vergleich: Von 2019 bis 2021 waren es insgesamt drei Delikte dieser Art. So entwickelten sich in den vergangenen vier Jahren zudem die Straftaten, bei denen ein Messer im Spiel war:

  • 2019: 56 Straftaten mit einem Messer
  • 2020: 78 Straftaten mit einem Messer
  • 2021: 61 Straftaten mit einem Messer
  • 2022 (Januar bis September): 41 Straftaten mit einem Messer + 36 Fälle, bei denen ein Messer angedroht oder unmittelbar eingesetzt wurde.

Aber zur Wahrheit gehört auch: Stadtweit ist die Kriminalitätsrate in Dortmund so weit zurückgegangen, wie seit 36 Jahren nicht mehr. Das Problem bleibt weiterhin die Nordstadt.

Polizei Dortmund ergreift Maßnahmen, um Eskalation der Gewalt zu stoppen

So weit die Analyse der Polizei. Aber was passiert jetzt in der Stadt, um den Anstieg der Fallzahlen zu stoppen? Die Polizei Dortmund verweist auf ihre regelmäßigen Schwerpunkteinsätze – zuletzt etwa am 6. November, 2. November und am 31. Oktober in der Nordstadt. Die Polizei sprach dabei Platzverweise und Strafanzeigen aus, stellte Drogen und Waffen sicher.

Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange reagiert auf die tödlichen Schüsse.

Zudem setzt die Polizei in der Innenstadt und in der Nordstadt auf die sogenannte „strategische Fahndung“, mit der Einsatzkräfte zur Verhütung von Straftaten Personen ohne zunächst erkennbaren Grund anhalten, befragen und sogar durchsuchen dürfen. Zuletzt dachte Polizeipräsident Gregor Lange sogar über die Ausweitung der Videoüberwachung und die Einführung von Waffenverbotszonen in Dortmund nach.

SPD fordert Waffenverbotszonen für die Dortmunder Nordstadt

Konkret gibt es bereits seitens des SPD-Ortsvereins „Dortmund Nordstadt“ einen Vorschlag für eine solche Waffenverbotszone. Dessen Mitglieder fordern sie am Nordmarkt und im Keuning-Park, zwei Kriminalitätshotspots in der Nordstadt.

Doch es gibt ein Problem: Solche Zonen müssten kontrolliert werden und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kontrollen am Ende nur zu einer Verschiebung der Delikte in andere Zonen führen könnten.

Rubriklistenbild: © Future Image/ Imago

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