Ehrenamt

Dortmunderinnen helfen psychisch Kranken: „Gar nicht so super heldenhaft“

Fast jeder Dritte in Deutschland leidet im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung. Drei Ehrenamtlerinnen aus Dortmund helfen Betroffenen jeden Samstag.

Dortmund – Vor der Kontaktstelle der Diakonie in der Sternstraße 23 in Dortmund prasselt der Regen auf den Boden. Am Samstag (14. Januar) sind mehr graue Wolken als blauer Himmel und mehr Pfützen als Gehwege zu sehen. In der Einrichtung für Menschen mit psychischer Erkrankung strahlt hingegen das Licht. Drei Dortmunderinnen bereiten einen Mittagstreff für „genesungsbedürftige Menschen“ vor und geben auch ihnen ein Licht.

Diakonie Dortmund: „Hier können sich Gleichgesinnte wie Zuhause fühlen“

Sabine, Petra und Caro haben die Tische in dem selbsternannten „Café“ in dem Gebäude mit den roten Backsteinen im Dortmunder Unionviertel schon gedeckt. Mehrere Kuchen stehen bereit für den Verzehr. Die drei Frauen arbeiten samstags ehrenamtlich für die Diakonie und veranstalten „Café-Treffs“. Mit dem Zusammenkommen und abwechslungsreichen Aktivitäten wollen sie Menschen in schwierigen Lebenslagen Struktur geben (mehr News aus Dortmund bei RUHR24).

„Jeder Mensch kann hier jederzeit hinkommen“, sagt Sabine Westermann, als sie sich an einen der Tische im Café setzt. Die 62-Jährige fügt hinzu: „Psychische Erkrankungen machen sehr einsam, aber hier können sich Gleichgesinnte so ein bisschen wie Zuhause fühlen. Sie werden so akzeptiert, wie sie sind.“ Die Dortmunderin spricht sehr ruhig und reflektiert über die Besucher und den Zweck der Einrichtung. Dabei weiß sie aus eigener Erfahrung, wie sich Betroffene fühlen.

Dortmunderin hatte „fette Depression“ – jetzt will sie anderen Menschen helfen

In dem Gespräch verweist die pensionierte Beamtin häufig auf das Thema Struktur. „Wenn dir der Antrieb fehlt, stehst du vielleicht gerade mal morgens auf, schaffst es aber noch nicht mal mehr zu duschen und aus dem Haus zu gehen“, sagt die Dortmunder Ehrenamtlerin. Sie fügt hinzu, sie wisse selbst wie das sei, da sie unter einer „fetten Depression“ litt. Deswegen sei ihr vorzeitiger Ruhestand auch „nicht ganz freiwillig“ gewesen.

Seit dreieinhalb Jahren arbeitet Sabine ehrenamtlich bei der Kontaktstelle in Dortmund. Trotzdem möchte sie sich „gar nicht als so super heldenhaft darstellen“ und findet: „Klar war es mein Bestreben etwas Nettes für Andere zu machen, aber mir persönlich gibt das auch sehr viel, wie zum Beispiel das Gefühl, dass ich noch gebraucht werde und anderen helfen kann.“ Dass die 62-Jährige das kann, zeigt sie am Samstagmittag.

Diakonie Dortmund: „Ohne die drei, wären wir ja samstags gar nicht hier“

Nach und nach trudeln die Besucher ein und grüßen die Helferinnen mit Vornamen. Kurze Zeit später betreten Petra, Sabine und Caro den Raum, in dem sich inzwischen 20 Personen unterschiedlichen Alters lautstark unterhalten. Sabine läutet eine Klingel und eröffnet so das Kuchenbuffet. Die drei Frauen verteilen Kuchen durch eine Luke von der Küche in das Café.

Sabine Westermann (Ehrenamtlerin aus Dortmund) hilft jeden Samstag Menschen mit psychischer Erkrankung

Beim Essen selbst, setzen sich die Dortmunderinnen dazu, trinken Kaffee und unterhalten sich mit den psychisch erkrankten Menschen. Angesprochen auf die drei Ehrenamtlerinnen, sagt eine Besucherin: „Ohne die drei wären wir ja samstags gar nicht hier.“ Viele Anwesende besuchen die Kontaktstelle auch in der Woche zu regulären Arbeitszeiten. Das Treffen am Samstag begleiten jedoch allein die ehrenamtlichen Mitarbeiter.

Dortmunder Ehrenamtlerin: „Wieder mal wurden Menschen mit so einer Erkrankung fallen gelassen.“

Während der Hochphase der Corona-Pandemie war ein solches Zusammenkommen allerdings nicht möglich. Für die 39-jährige Dortmunderin Petra war das „sehr frustrierend“. Seit drei Jahren hilft die Rechtsanwaltsfachangestellte ehrenamtlich in der offenen Kontaktstelle. Für sie wäre damals „eine Gesundheit mit der anderen“ abgewogen worden und „wieder mal Menschen mit so einer Erkrankung fallen gelassen worden“.

Zu der Diakonie ist die 39-Jährige gekommen, indem sie sich aktiv bei der Freiwilligenagentur in Dortmund erkundet hat. Sie findet das Ehrenamt sehr wichtig und hofft darauf, dass es „populärer wird“. Das hoffen auch rund 500 Menschen, die auf der Warteliste der Dortmunder Tafel stehen. Am Samstagmittag führt Petra viele Gespräche und sorgt nebenbei für reichlich Kaffee-Nachschub für die Gäste. Nach Kaffee und Kuchen steht nämlich noch eine sportliche Aktivität an.

Dortmund: Diakonie-Besucher spielen Darts

Gemäß dem Vorbild der zuletzt stattgefundenen Darts-WM finden sich etwa zehn Personen, die Darts spielen möchten. Geleitet wird das Spiel von der 21-jährigen Caro. Die Psychologiestudentin engagiert sich seit vergangenem Oktober ehrenamtlich in der Kontaktstelle in Dortmund und ist direkt eingebunden. Sie notiert die Punktzahlen und ruft die Namen der Spieler auf.

Psychologiestudentin Caro (21 aus Dortmund) arbeitet ehrenamtlich bei der Diakonie Dortmund

Für die junge Dortmunderin fühlt sich der Treff am Samstag „ein bisschen wie ein Familientreff an“. „Rummy Cup“ habe sie beispielsweise das letzte Mal zusammen mit ihrer Oma gespielt. Beim Darts-Turnier selbst, wird viel gescherzt, gelacht, aber auch konzentriert geworfen. Für einen Moment wirkt es fast so, als ob sich die Besucher von ihren Sorgen lösen können.

Wertschätzung für Dortmunder Ehrenamtlerinnen ist „einfach toll“

Mit der Gewinnerkür und den abschließenden Aufräumarbeiten endet zumindest dieser Nachmittag für die Gäste und die Ehrenamtlerinnen. Ihr Ehrenamt führen die drei Dortmunderinnen aber nächsten Samstag weiter und hoffen auf weitere Verstärkungen und mehr Engagement im Ehrenamt. „Die Wertschätzung der Leute ist groß, das ist einfach toll“, sagt Sabine Westermann abschließend und verabschiedet sich.

Wenn auch ihr ehrenamtlich tätig werden wollt, könnt ihr euch bei der Freiwilligenagentur Dortmund e.V. oder direkt bei sozialen Einrichtungen vor Ort informieren. Für ehrenamtliche Projekte können sich Dortmunder zudem neuerdings bis zu 1000 Euro sichern. Das Land NRW fördert Ideen.

Rubriklistenbild: © Marian von Hatzfeld/ RUHR24

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