RS-Virus bei Kindern

Dortmunder Kinderärztin hält Maskenpflicht an Schulen und Kitas für falsch

Der RS-Virus führt aktuell zu einer enormen Bettenknappheit auf Kinderstationen. Eine Kinderärztin aus Dortmund nennt Gründe – und Lösungsansätze.

Dortmund – Die Kinderarztpraxen und Kliniken in NRW quellen aktuell über. Grund dafür ist unter anderem die Infektionswelle mit Atemwegserkrankungen, vor allem bei Kleinkindern. Der RS-Virus verbreitet sich momentan stark. Die Vorhersagen der Experten lassen befürchten, dass sich die Lage sogar noch zuspitzt. Aber was sind die Gründe für die Infektionswelle? Und müssen Kinder in NRW in Zukunft wieder Masken tragen? RUHR24 hat nachgefragt.

RS-Virus in Dortmund und NRW: „Schrei nach Masken ist der übliche Reflex der Politik“

In einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Kinderärztepräsident Thomas Fischbach, die „Schreie nach Masken“ seien „der übliche Reflex der Politik“. Er hält eine Rückkehr zur Maskenpflicht „eher für kontraproduktiv“ und meint: „Die Maskenpflicht der zurückliegenden zwei Jahre ist ja ein wichtiger Grund für die aktuelle Krise“. Unter anderem wegen des Tragens der Masken sei das Immunsystem der Kinder geschwächt.

Das sieht auch Hendrike Frei, Kinderärztin aus Dortmund ähnlich. Im Interview mit RUHR24 sagt die Ärztin einer Praxis in Mengede: „Eine allgemeine Maskenpflicht zu fordern in jeglichem Bereich, wie in Kitas oder Schulen, würde ich nicht begrüßen“. Dennoch sei es wichtig, dass Ärzte und Fachpersonal weiterhin Maske tragen, um sich nicht mit dem RS-Virus oder der Influenza „aufzuladen“.

Auch am Mengeder Markt 1 ist die Praxis Anfang Dezember „extrem voll“. „Wir haben immer noch Influenza und RSV bei den Kleinen“, sagt Frei. Sie sieht die zurückliegende Maskenpflicht auch als einen Grund für das hohe Infektionsgeschehen, nennt aber Weitere: „Viele Eltern sind angstbesetzt, weil die Politik die Corona-Erkrankung als extrem schlimme Erkrankung dargestellt hat“, sagt die Dortmunderin. Deshalb seien Kinder separiert worden, obwohl sie eigentlich nicht sehr schwer an Corona erkranken würden.

Kinderärztin aus Dortmund rät: „Lasst Kinder zusammen spielen und Sport machen“

Frei, die auch Trainerin beim Leichtathletikverein TuS Westfalia Hombruch ist, hielt schon während der Pandemie eine Separierung der Kinder für falsch. Schon damals habe sie Familien, wenn es durch die Verordnungen möglich war, gesagt: „Lasst Kinder zusammen spielen und Sport machen, zumindest an der freien Luft.“ Manche Familien haben dies jedoch nicht gewollt.

Viele Kinder mussten während der Pandemie Zuhause bleiben.

Wegen der Abkapselung hätten manche Kinder in den letzten „zwei bis drei Jahren kaum Kontakt zu Viren gehabt“, sagt Frei und fügt hinzu: „Es gibt viele Kinder, die kaum einen Kindergarten von innen gesehen haben“. Zudem konnten Kinder die während Corona geboren wurden laut Frei „keine echte Immunität aufbauen“, weil es beispielsweise keine Krabbelgruppen gab.

Elterliche Kompetenzen in NRW sollen wieder gestärkt werden

Als weiteren Grund für die Überfüllung in den Praxen sieht sie aber auch die Erziehungsberechtigten: „Die elterlichen Kompetenzen bezüglich Erkrankungen sind teilweise geschmälert“, sagt sie. Laut Frei läge es auch daran, dass viele Großeltern nicht mehr in der Nähe wohnen. Deshalb würden Tipps für Hausmittel bei Erkrankungen wie beispielsweise „geriebener Apfel und Banane bei Durchfall“ oder auch „Zwiebelsäckchen fürs Ohr“, nicht mehr weitergegeben werden.

Frei nimmt die Eltern aber auch in Schutz und verweist auf den derzeitigen Druck durch Schulen. Diese würden bei längeren Erkrankungen Atteste für Unterricht und Klausuren fordern. „Auch das füllt die Praxen“, sagt Frei. Deswegen entwarf der Berufsverband für Kinder- und Jugendärzte in NRW zuletzt ein Infoblatt auf dem ausdrücklich steht, dass es keine gesetzliche oder medizinische Notwendigkeit für einen solchen Attest gäbe.

Infoblatt zur Attest-Pflicht in Schulen.

Zu wenig Wertschätzung für medizinische Fachangestellte in NRW?

Als eine Lösung für die derzeitige Krise wünsche sich die Dortmunderin von den Eltern „etwas mehr Feingefühl“, wann ein Arztbesuch wirklich nötig sei. „Das müsste die Politik aber auch kommunizieren“, sagt Frei. Auch die Stadt Dortmund sollte ihrer Meinung nach „ruhiger mit der Sache umgehen“ und die „Eltern mehr stärken“. (Mehr News aus NRW bei RUHR24 lesen.)

Als ein großes Problem und gleichzeitig als Lösung sieht Frei die aktuelle Wertschätzung für medizinische Fachangestellte. Obwohl die Angestellten „an vorderster Front kämpfen“ würden, erhielten viele keine Pflege-Boni. Durch die fehlende Wertschätzung gäbe es dann auch keinen Nachwuchs bei den Fachangestellten.

Zum Schluss spricht sich Frei auch noch für das zuletzt diskutierte Soziale Pflichtjahr aus und fügt hinzu: „Das hat früher schon für Entlastung gesorgt.“ Eventuell sei dies auch ein Anstoß in die Medizin zu gehen und den Fachkräftemangel zu beheben. Egal welche Veränderungen es geben mag, bleibt zu hoffen, dass sich die Lage entspannt und die Kinder gesund bleiben.

Rubriklistenbild: © Matthias Balk/dpa

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