Vier Projektile aus Maschinenpistole

Nach tödlichen Schüssen auf 16-Jährigen in Dortmund: Polizist angeklagt

16-Jähriger erschossen - Ermittlungen werden ausgeweitet
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Menschen stehen vor einem Zaun, an dem mit Kerzen und Blumen des erschossenen Jugendlichen gedacht wird.

Vier Projektile aus einer Maschinenpistole töten einen 16-Jährigen – dieser Fall löste Bestürzung und Kritik an der Polizei aus. Ein halbes Jahr später wird Anklage erhoben.

Dortmund – Im Fall des von der Polizei in Dortmund erschossenen 16-jährigen Mouhamed D. hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Schützen erhoben – wegen des Vorwurfs des Totschlags. Drei weitere an dem Einsatz beteiligte Beamte wurden wegen gefährlicher Körperverletzung, der Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Der Bochumer Rechtsanwalt Michael Emde, der einen der fünf beschuldigten Polizisten vertritt, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur (DPA) am Dienstag (14. Februar) den Eingang der Anklage. Zuvor hatten Bild und WDR berichtet.

Nach tödlichen Schüssen in Dortmund: Polizisten jetzt angeklagt

Die Polizei war am 8. August 2022 zu einer Jugendhilfeeinrichtung gerufen worden, wo der jugendliche Flüchtling aus dem Senegal zunächst gedroht haben soll, sich mit einem Messer zu töten. Der Einsatz lief zunächst als Einschreiten bei einem Suizidversuch. Der 16-Jährige wurde von der Polizei erst mit Pfefferspray und zwei Tasern beschossen. Schließlich schoss ein Polizist mit einer Maschinenpistole, der Jugendliche starb im Krankenhaus.

Der leitende Oberstaatsanwalt Carsten Dombert hatte bereits im September berichtet, die Ermittler hätten schnell den Eindruck bekommen, dass bei dem Einsatz „möglicherweise etwas aus dem Ruder gelaufen sein könnte“. Man habe die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt gesehen. Es sei zunächst nicht das mildeste Mittel gewählt worden, um den jungen Mann vom Suizid abzuhalten oder in Besitz des Messers zu kommen. Am Dienstag äußerte sich die Staatsanwaltschaft Dortmund nicht zu der Anklageerhebung.

Polizeibeamte sichern einen Einsatzort in der Holsteiner Straße. Ein 16-Jähriger wurde durch mehrere Schüsse von Polizisten tödlich verletzt.

Anklage gegen Dortmunder Polizisten: Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Anstiftung

Bei den drei wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten Beamten geht es um den Einsatz von Pfefferspray beziehungsweise Taser. Der Dienstgruppenleiter, dem Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen wird, soll laut früheren Informationen der Staatsanwaltschaft bei dem Einsatz die Wahl der Mittel und deren Reihenfolge festgelegt und das Kommando zum Besprühen gegeben haben. Gegen die fünf Beamten waren bereits im September Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Nach den tödlichen Polizei-Schüssen auf einen 16-Jährigen in Dortmund hat Polizeipräsident Gregor Lange mehrere Maßnahmen ergriffen, um Einsätze wie solche künftig anders zu lösen. Dazu gehört auch eine bessere Schulung der Einsatzkräfte.

Mehrere Punkte des Polizei-Einsatzes in Dortmund hatten für Kritik gesorgt. Dabei ging es etwa um die Tatsache, dass die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet waren. Für Bestürzung sorgte auch die Frage, wie ein Einschreiten bei einem Suizidversuch so eskalieren konnte sowie der martialisch anmutende Einsatz der Maschinenpistole vom Typ MP5. Vier Projektile trafen den 16-Jährigen. DPA

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