Debatte um Tempo 30
Von wegen Tempo 30 in Dortmund: CDU will kurioses Tempolimit
Die Stadt Dortmund will einer bundesweiten Initiative für Tempo 30 beitreten. Die CDU im Rat ist dagegen und schlägt eine ungewöhnliche Alternative vor.
Dortmund – Über Tempo 30 wird in Dortmund seit Jahren diskutiert. Spätestens seit der Klage der Deutschen Umwelthilfe im Jahr 2020 stellt die Stadtspitze fest: Lkw-Fahrverbote, Tempolimits, Umweltspur – wenn man muss, geht so einiges in der Verkehrswende. Eine Initiative aus fast 70 Städten fordert jetzt, Tempo 30 auf Hauptstraßen selbst anordnen zu dürfen. Der CDU-Ratsfraktion in Dortmund gefällt das nicht.
Stadt: | Dortmund, NRW |
Thema: | Tempolimit |
Oberbürgermeister: | Thomas Westphal (SPD) |
Tempo 30 sorgt in Dortmund erneut für Diskussionen
Tempo-30-Zonen gibt es in Dortmund in jedem Stadtteil. Ausgenommen sind aber fast immer die Hauptstraßen. Auf B1 und B54 darf man vorerst selbstverständlich weiterhin 50 fahren. Doch auf Hauptstraßen wie der Rheinischen Straße oder dem Brackeler Hellweg ist das meist ebenfalls erlaubt.
In Brackel und Wambel fordert die SPD in der Bezirksvertretung derzeit unter anderem, zwei der vier Fahrspuren zu Fahrradwegen umzuwidmen. Bereits vor Jahren hatte der Gewerbeverein dort Tempo 30 gefordert. Grund waren viele Unfälle und der Wunsch der Kunden. Und mittlerweile bröckelt selbst auf dem chronisch staugeplagten Wall die 50. Nachts gilt dort wegen Lärmschutz bereits das Tempolimit.
Doch Städte wie Dortmund können nicht einfach nach Lust und Laune Tempo-30-Zonen einrichten. In der Regel muss dadurch ein Mangel behoben werden. Ändern soll das der Beitritt zur nicht besonders griffig betitelten Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“. Fast 70 Städte sollen sich damit für eine entsprechende Änderung der Straßenverkehrsordnung einsetzen, darunter Düsseldorf, Köln und Mönchengladbach.
CDU im Stadtrat Dortmund ist gegen Tempo 30 – und schlägt Tempo 40 vor
Doch die CDU-Fraktion im Stadtrat Dortmund lehnt das ab und will lieber „keine starre Festlegung“. Eine Unterscheidung zwischen Tempo 50 und 30 sei wenig sinnvoll. Stattdessen schlägt die Fraktion eine Alternative vor: „Wie sieht es beispielsweise mit Tempo 40 aus?“, fragt die Fraktion nun in einer Pressemitteilung zu dem Thema. Damit gebe es vor allem in Süddeutschland gute Erfahrungen.
Das ist erstaunlich, weil Tempo 40 im Gegensatz zu Tempo 30 nicht ausdrücklich in der Straßenverkehrsordnung aufgeführt ist. Wie der Merkur berichtet, haben viele Städte in Süddeutschland sich dieses Tempolimit zudem selbst genehmigt. Rechtlich stehe diese Regelung daher auf dünnem Eis.
Flächendeckend Tempo 30 in Dortmund einzuführen, hält die CDU jedenfalls für falsch. Es gebe bereits heute Regelungsmöglichkeiten, etwa aus Lärmschutzgründen. Die Frage nach einer angemessenen Geschwindigkeit sei „zu komplex für pauschale Lösungen“, sagte Reinhard Frank in der jüngsten Stadtratssitzung. Kurz darauf wurde der Beitritt zur Initiative bereits beschlossen.
SPD, Grüne und Linke für Tempo-30-Initiative – CDU, FDP und AfD dagegen
Denn mit den Stimmen der großen Fraktionen von SPD und Grünen war das Thema rasch positiv beschieden. Auch die Linke stimmte dem Beitritt zur Initiative zu. „Was unbedingt wegmuss, sind die Flickenteppiche“ unterschiedlicher Geschwindigkeiten in Dortmund, sagte Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski.
„Wir möchten Tempo 30 im Innenstadtbereich“, sagte Leander Schreyer von den Grünen. Ausnahmen davon könne es geben, etwa um den Busverkehr zu beschleunigen. Es gehe dabei um den Schutz der Bürger vor Lärm und krankmachenden Stickoxiden. Ziel müsse es zudem sein, die Zahl der Verkehrstoten auf null zu senken. Die SPD im Stadtrat Dortmund sieht dadurch „neue Perspektiven“ für Dortmund, sofern die Straßenverkehrsordnung geändert würde
Die FDP war hingegen nicht so angetan von der Idee. Michael Kauch, Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, sprach von „Etikettenschwindel“ bei der Beschlussvorlage. Statt um angemessene Geschwindigkeit gehe es nur um Tempo 30. „Auch der Bus fährt dann mit Tempo 30 durch die Stadt“. Es gehe also um die Kernfrage, ob man den Verkehr ausbremsen wolle. Auch die AfD stimmte gegen den Beitritt.
Tempo 30 in Dortmund wird kommen – mit der Initiative könnte es bald einfacher werden
Klar ist bereits: Künftig wird man in Dortmund mit seinem Auto eher langsamer denn schneller fahren dürfen. Das geht aus einer Antwort des Stadtrats Arnulf Rybicki (PDF) auf die Forderung einer Bürgerin nach Tempo 30 auch auf der B1 hervor. Er schreibt Ende August unter anderem, dass die Stadt Dortmund „im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten“ weitere Tempo-30-Zonen eingerichtet habe.
„Im Ergebnis sind mittlerweile auf rund 55 Prozent des Dortmunder Straßennetzes Geschwindigkeiten von 30 km/h und weniger angeordnet“, so der Stadtplaner. Es wird geprüft, ob man Tempo 30 auf Hauptstraßen etwa vor Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen verhängen könnte.
Ein wichtiger Punkt ist dabei etwa der Lärmschutz. Werden hier die Grenzwerte überschritten, kann der Verkehr schon jetzt gebremst werden. „Dabei schließen die bisherigen Überprüfungen auch den (...) Bereich der B1 mit ein“, schreibt Rybicki. Sollte die Änderung der Straßenverkehrsordnung kommen, kann die Stadt sich solche Prüfungen künftig wohl sparen – und einfach selbst ein „Tempo 30“-Schild aufstellen.
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