Armut
Warum Obdachlose in Dortmund nachts oft unfreiwillig auf der Straße landen
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In Dortmund muss laut Stadt „niemand draußen schlafen“. Das Obdachlosen-Magazin „Bodo“ behauptet, das sei nicht die Wahrheit. Was stimmt denn jetzt?
Dortmund – In Dortmund muss kein Mensch auf der Straße schlafen. Die Stadt betont diese Aussage immer wieder und begründet sie mit den kommunalen Hilfsangeboten. Laut Obdachlosen-Magazin „Bodo“ sei das aber nur die halbe Wahrheit.
„Bodo“ kritisiert die Stadt wegen Obdachlosen-Aussage
Demnach gäbe es für einige Menschen in Dortmund sehr wohl die Gefahr, auf der Straße zu landen. Konkret in dem Fall, dass Wohnungs- und Obdachlose die sogenannten „Rückkehrhilfen“ der Stadt ausschlagen.
Diese Hilfe werde immer dann angeboten, wenn ein Obdachloser um einen Platz in einer städtischen Notschlafstelle bitte und nicht direkt aus Dortmund komme, bestätigt eine Sprecherin der Stadt gegenüber RUHR24.
Stadt Dortmund bietet ortsfremden Menschen „Rückkehrhilfen“ an
Würden Ausweispapiere dies bestätigen, biete die Stadt Dortmund diesen Menschen eine „Rückkehrhilfe“ in die „Heimatstadt“ an, da diese Personen „faktisch nicht obdachlos“ seien, so die Sprecherin weiter.
Sollte der Aufwand für eine Rückkehr in die „Heimatstadt“ zu groß sein, etwa weil sie zu weit weg ist, gäbe es aber die Möglichkeit, einmalig in einer Dortmunder Notschlafstelle zu übernachten. Am nächsten Tag würden Betroffene dann zu ihren Ausgangspunkten zurückreisen. Bei Anreisenden aus dem EU-Ausland könne es bis zur Rückreise länger dauern. „Die in dem Zusammenhang entstehenden Kosten werden übernommen“, heißt es von der Stadt.
24 obdachlose Menschen erhielten 2022 in Dortmund „Rückkehrhilfen“
Neu ist das Vorgehen nicht. Seit Jahren bietet die Stadt Dortmund entsprechenden Personen diese „Rückkehrhilfen“ an – in Form von Zug- oder Bustickets. In 2022 erhielten 24 Menschen diese Rückkehrhilfe. Wer diese allerdings ablehnt, gelte laut „Bodo“ als freiwillig obdachlos.
Die Stadt Dortmund bestätigt das nicht zu 100 Prozent. Es komme auf den Einzelfall an. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es gegenüber RUHR24: „Richtig ist, dass sogenannte zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten genutzt werden müssen. Das heißt: Wenn jemand bereits eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung hat, die sie/er nicht nutzen will, so kommt eine Unterbringung zulasten der öffentlichen Hand nicht in Betracht.“
Osteuropäische Obdachlose wollen aus Dortmund nicht weg
Das würde laut „Bodo“ zum Beispiel für einen Großteil der osteuropäischen Männer unter den Dortmunder Obdachlosen gelten, die nicht zurück in ihr Heimatland wollen. „Ihre Lage würde sich mit der Rückkehr eher noch verschlechtern“, schreibt das Obdachlosen-Magazin.
Dass in Dortmund also niemand auf der Straße schlafen müsse, wie von der Stadt behauptet, treffe laut „Bodo“ nicht zu. Die Stadt, so das Blatt, bediene sich viel mehr einem „rhetorischen Trick“. Indem Obdachlose die Hilfe der Stadt freiwillig ausschlagen würden, würden sie sich freiwillig in die Obdachlosigkeit begeben (weitere Dortmund-News bei RUHR24 lesen).
Stadt Dortmund relativiert Aussage „Niemand muss draußen schlafen“
Gegenüber RUHR24 relativiert die Stadt ihre Aussage: „Niemand muss draußen schlafen“ um einen kleinen, aber feinen Zusatz: „Niemand muss draußen schlafen, wenn sie/er sich nicht selbst mit einer Übernachtungsmöglichkeit helfen kann.“ Und weiter: „Das behördliche Handeln ist nicht willkürlich, sondern basiert auf gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen.“
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Zum Hintergrund: In Dortmund sind laut Stadtangaben zwischen 500 und 600 Menschen obdachlos. Eine genaue Zahl gäbe es aber nicht. Nach weiteren Schätzungen würden rund 30 bis 40 Obdachlose in der Innenstadt oder am Hauptbahnhof übernachten. 170 Betten gibt es in fünf Übernachtjungstellen in Dortmund. Außerdem haben die Stadt sowie Hilfsorganisationen Wohnungen angemietet, um obdachlose Menschen unterzubringen.
Rubriklistenbild: © Jochen Tack/Imago