Grubenwasser könnte Dortmund reich machen: Geophysiker „sehr enttäuscht“
In Dortmund könnte Geothermie einen erheblichen Beitrag zu Wärmeversorgung liefern. Doch bisher passiert wenig. Ein Wissenschaftler ist enttäuscht.
Dortmund – Geothermie beschreibt die Gewinnung von Energie aus Erdwärme. Auch unter dem Ruhrgebiet schlummert einiges an Potenzial. Die erneuerbare Energie könnte Städte wie Dortmund gewissermaßen zu unverhofftem Reichtum führen. Doch längst nicht überall wird die Wärme im Boden auch genutzt, wie RUHR24 erfuhr.
Geothermie könnte Dortmund Reichtum bringen – doch der Untergrund macht Probleme
Wer im Erdkundeunterricht gut aufgepasst hat, dürfte wissen, dass das Innere unserer Erde heiß und flüssig ist. „Diese Wärme wird nach außen abgeführt und ist von uns in einem begrenzten Rahmen nutzbar“, erklärt Horst Rüter aus Dortmund. Der Wissenschaftler ist Mitglied im Bundesverband für Geothermie.
Geothermie unterteilt sich in oberflächennahe Techniken und die tiefe Gewinnung. Die oberflächennahe Geothermie lässt sich durch Wärmepumpen etwa zum Heizen nutzen. Die Tiefe Nutzung ist für die Stromgewinnung interessant. Alles in allem lässt sich also sagen: Geothermie könnte sich für Deutschland lohnen.
Warum wird die Form der Energiegewinnung bisher so wenig genutzt? „Der Untergrund lässt sich nicht so leicht angucken. Es gibt also das Risiko, dass gebohrt wird und die Gesteinsschichten nicht durchlässig genug sind, um an heißes Wasser zu kommen“, erklärt Rüter. Denn das heiße Wasser wird bei der Geothermie für die Energiegewinnung benötigt.
Geothermie im Ruhrgebiet – Grubenwasser kann wertvolle Energie liefern
Wer in Deutschland aktuell in die Geothermie investiert, muss also mit einem relativ hohen finanziellen Risiko leben. „Bei uns gibt es keine Regionen, wo heißer Dampf dicht unter der Erde zu fördern wäre. Deshalb müssen wir auf Wasser zurückgreifen“, erklärt der Geophysiker aus Dortmund. Dafür muss der Boden möglichst locker sein.
Im Ruhrgebiet besonders interessant ist eine Nachnutzung der alten Bergbauflächen. Hier ist der Boden locker und durchlässig. Leichter als anderswo kann dort heißes Wasser aus tieferen Schichten im Boden gewonnen werden. In Bochum haben Bohrungen bereits ergeben, dass mit warmen Grubenwasser künftig geheizt werden kann.

Um die Temperatur anzuheben oder im Sommer für den Betrieb von Klimaanlagen zu senken, kommen Wärmepumpen zum Einsatz. Bis der Betrieb in Bochum endgültig starten kann, könnte es aber noch zwei bis drei Jahre dauern, schätzt der Experte.
Bodenschatz könnte Dortmund Reichtum bringen: Geophysiker ist „sehr enttäuscht“
Andere Städte wie Dortmund würden laut dem Professor aktuell mehr oder weniger nur zuschauen und selbst nicht handeln. Das kostet wertvolle Zeit. „Ich bin sehr enttäuscht von Dortmund. Die Städte sind dazu angehalten, Wärmepläne zu konzipieren. Die Pläne aus Dortmund greifen auf Öl zurück. Das ist deprimierend und weit weg von erneuerbaren Energien“, meint Rüter.
Er selbst habe die Stadt bereits angeschrieben, weil es genug interessante Flächen in Dortmund gebe – etwa an der Zeche Vereinigte Schürbank & Charlottenburg in Aplerbeck. Mit den dortigen LWL-Kliniken und einem Altenzentrum gäbe es genug Abnehmer für die Energie. Eine Antwort von der Stadt habe der Wissenschaftler nicht bekommen.

„Die Zeit drängelt. Bis solche Projekte umgesetzt werden können, dauert es drei bis vier Jahre. Man müsste jetzt anfangen, Dinge parallel zu machen“, meint der Wissenschaftler.
Geothermie im Ruhrgebiet „braucht mehr staatliche Unterstützung“
Das Problem seien aber nicht nur die Kommunen, sagt Rüter: „Es bräuchte mehr staatliche Unterstützung, damit die Projekte anlaufen können und Firmen einsteigen.“ Dabei habe Geothermie ein enormes Potenzial. Große Teile des Wärmemarktes könnten schon jetzt durch die Erdwärme gedeckt werden, ist sich der Forscher sicher (mehr Dortmund-News bei RUHR24).
Geothermie lohnt sich auf lange Sicht. Die Erde stellt keine Rechnung
Er fordert, dass der Staat mehr Daten über den Untergrund einholt, um zu erforschen, wo Potenzial liegen könnte. Außerdem bräuchten Investoren eine finanzielle Sicherheit durch eine Art Versicherung, falls die Bohrungen keinen Erfolg bringen. Darüber hinaus müsse das Verfahren deutlich beschleunigt werden.
Wer nicht so lang warten will, bis sich von staatlicher Seite etwas tut, kann auch selbst den ersten Schritt tun. Schon jetzt lasse sich mit Erdwärmepumpen das Haus heizen, erklärt Rüter. „Am Anfang ist die Investition groß, aber auf zehn Jahre gesehen, lohnt es sich. Die Erde stellt keine Rechnung“.