Kommentar

BVB-Boss Sebastian Kehl handelt arrogant und dilettantisch

Dem BVB droht der Abgang von Marco Reus. Sebastian Kehl hat Schuld daran. Sein Auftreten im Vertragspoker ist naiv. Ein Kommentar.

Dortmund – Sebastian Kehl tritt im Vertragspoker mit BVB-Kapitän Marco Reus derartig arrogant und dilettantisch auf, dass ihm eine Niederlage am Verhandlungstisch beinahe zu wünschen ist. Der Sportdirektor muss endlich liefern, meint RUHR24-Redakteur Malte Schindel.

BVB-Boss Sebastian Kehl handelt arrogant und dilettantisch

Der Vertrag von Marco Reus läuft im Sommer 2023 aus. Doch Verhandlungen über eine Verlängerung hat es laut eines WAZ-Berichts bislang nicht gegeben. Wie kann das sein?

Der Sportdirektor lässt den Kapitän zappeln: Eine Entscheidung, ob das Arbeitspapier des 33-Jährigen ausgedehnt werden soll, gibt es noch immer nicht, berichtet die Bild. Sebastian Kehl pokert seit Monaten mit Geldgeier Youssoufa Moukoko, während Marco Reus geduldig auf ein Angebot seines geliebten BVB warten muss. Wie kann das sein?

Sebastian Kehl arbeitet seit Sommer 2022 als Sportdirektor für den BVB.

Der 33-Jährige ist unzufrieden, ist dieser Tage aus dem Trainingslager von Borussia Dortmund im spanischen Marbella zu hören. Marco Reus bemängelt einen „respektlosen“ Umgang, heißt es. Der Kapitän nimmt „mit Verwunderung zur Kenntnis, dass mit Youssoufa Moukoko schon lange verhandelt werde, aber mit dem Gesicht des Klubs nicht“, schreibt die WAZ.

Der emotionale Ausbruch des Dortmunders ist nachvollziehbar. Immerhin trägt er seit fast elf Jahren das BVB-Trikot, seit beinahe fünf führt er das Team als Kapitän an.

BVB droht neben Reus-Debakel eine Spieler-Not

Der Sportdirektor ist zu sehr damit beschäftigt, sich von einem 18-Jährigen und dessen Berater wie eine Gans ausnehmen zu lassen. Sein Zeitmanagement ist katastrophal: Acht Verträge laufen am 30. Juni aus, darunter die Papiere der BVB-Stars Marco Reus, Raphael Guerreiro, Mahmoud Dahoud und Mats Hummels. Die Meldung nach Vollzug schimmert aber höchstens irgendwo am Horizont. Wie kann das sein?

Soll BVB-Trainer Edin Terzic kommenden Saison mit 15 Profis um die Champions-League-Plätze spielen? Immerhin sollen auch überbezahlte Spieler wie Nico Schulz, Thorgan Hazard, Thomas Meunier und Emre Can den Verein im Sommer verlassen, berichten Medien. Neben dem Reus-Debakel droht auch noch eine Spieler-Not – geschaffen von Sebastian Kehl.

Marco Reus ist einer der besten BVB-Akteure der laufenden Saison

Der BVB plant eine neue Gehaltsstruktur: Kohle soll es nur noch für Leistung geben. Klingt aberwitzig, ist aber BVB-Realität. Das Problem: Sebastian Kehl will entsprechende Neuerungen offenbar ausgerechnet bei Marco Reus durchboxen. Demnach soll der 33-Jährige erhebliche Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssen, wenn er in Dortmund verlängert, so die Bild. Derzeit ist er Topverdiener, soll bis zu zwölf Millionen Euro im Jahr einstreichen. Happig, aber leistungsbezogen – so wie es sich der BVB doch wünscht.

Natürlich: Die Zukunft des BVB gehört Marco Reus wahrlich nicht. Im Gegenteil. Der 33-Jährige steuert auf sein Karriereende zu. Hinzukommt seine Verletzungsanfälligkeit, die sich durch seine langjährige Laufbahn wie ein roter Faden zieht. Dennoch: Marco Reus gehen zu lassen, birgt ein größeres Risiko als ihm einen neuen hochdotierten Vertrag zumindest anzubieten.

Während Karim Adeyemi und Donyell Malen nicht einmal ein Scheunentor treffen, hat Marco Reus in der laufenden Saison in wettbewerbsübergreifend zwölf Spielen sieben Scorer-Punkte erzielt. Stand er auf dem Platz, hat der BVB im Durchschnitt zwei Punkte geholt, hat die Bild errechnet. Der Kapitän gehört neben Mats Hummels, Gregor Kobel und Jude Bellingham zu den besten BVB-Profis der aktuellen Spielzeit. Und dennoch wartet Sebastian Kehl mit einem Vertragsangebot. Wie kann das sein?

Sebastian Kehl kennt den BVB wie seine Westentasche

Es waren doch auch die Klub-Bosse, die vergangenen Sommer beschlossen, dem BVB wieder mehr Identität zu verschaffen. Es war der Verein, der zurück zur Basis finden wollte. Dies war mit Sicherheit auch einer der Gründe, warum Sebastian Kehl Mitte 2022 den Sportdirektor-Posten von Michael Zorc übernahm: Sebastian Kehl kennt den Klub wie seine Westentasche, er hatte selbst von 2002 bis 2015 für den BVB gespielt.

Er war drei Jahre lang an der Seite von Marco Reus für den BVB aufgelaufen. Doch plötzlich hat der Sportdirektor sämtliche Werte vergessen, wie ist das Reus-Warten sonst zu erklären?

Sebastian Kehl arbeitet seit Sommer 2022 als Sportdirektor für den BVB.

Wie kann man so naiv sein, Herr Kehl?

Marco Reus ist nicht nur das Gesicht des Klubs, er ist auch das Herz der Mannschaft – doch sein möglicher Abschied steht beunruhigend nahe vor der Dortmunder Hauptgeschäftsstelle. Nur Sebastian Kehl hat das drohende Ende einer BVB-Ära in seinem Büro noch nicht wahrgenommen. Es muss in der höchsten Etage liegen, anders ist sein hochnäsiges Handeln nicht zu erklären.

Der Sportdirektor muss ernsthaft davon überzeugt sein, dass Marco Reus auf den BVB angewiesen ist, dass der Kapitän springt, wenn der Sportdirektor ruft, dass der Dortmunder Jung ohne Wenn und Aber seinen Vertrag verlängert – lediglich aus Liebe zum BVB und zu seiner Heimatstadt. Wie kann man so naiv sein, Herr Kehl?

Dieser Kommentar entspricht der Meinung des Autors und muss nicht zwangsläufig die Ansicht der gesamten Redaktion widerspiegeln.

Hinweis: Der Artikel war in seiner ersten Version unter der Überschrift „BVB-Boss Sebastian Kehl: Arrogant und dilettantisch“ zu lesen. Dies führte zu Missverständnissen.

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