RSV und weitere Viren

Überlastete Kinderklinik in Bochum muss Triage anwenden – Eltern wütend

Die Kinderklinik im Uniklinikum am St. Josef-Hospital in Bochum arbeitet aktuell an der Belastungsgrenze. In der Notaufnahme wird die Triage angewandt.

Bochum – Die Lage in den Kinderkliniken in NRW ist laut Universitätskliniken aktuell „maximal angespannt“. In der Kinderklinik am St. Joseph-Hospital in Bochum greift man in der Notaufnahme deswegen jetzt zur Triage. RUHR24 erklärt, was das genau bedeutet.

Kinderklinik Bochum überlastet – Krankenhaus greift in der Notaufnahme zur Triage

Grund für die überfüllten Notaufnahmen in Bochum ist neben dem aktuell grassierenden Grippe-Virus (Influenza) das Respiratorische Synzytialvirus (RSV). Das kann vor allem für kleine Kinder und Säuglinge gefährlich sein. Ein Ende der prekären Lage sei vorerst nicht in Sicht, heißt es von den Unikliniken in NRW.

Im Bochumer Kinderklinikum sind die Betten aktuell komplett belegt – Ähnliches berichten auch andere Kinderkliniken, wie jene in Dortmund. In Bochum liege Belegung sogar bei 130 Prozent, wie der leitende Arzt Dr. Tobias Rothoeft jüngst gegenüber der Bild-Zeitung angab. Klinikleiter Prof. Thomas Lücke ergänzt: „In der Notaufnahme beginnt die Triagierung“.

Triage in Kinderklinik Bochum – Begriff sorgte zu Corona-Zeiten für Angst

Der Begriff „Triage“ war vor allem während der Hochzeit der Corona-Pandemie in aller Munde. Bei der Methode wird in der Notaufnahme über die Schwere einer Erkrankung eines Patienten entschieden. Je schwerer die Krankheit, desto schneller wird behandelt. Eine Methode, die vor allem in Kinderkliniken aber zum Standard gehört.

Die Universitäts-Kinderklinik am St. Josef-Hospital in Bochum.

Die Methode, so Lücke, führe in der Bochumer Kinderklinik immer wieder dazu, dass Klinikpersonal beschimpft werde, weil Eltern mit ihren kranken Kindern lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssten. Lücke zur Bild: „Ein Kind, das trotz Fieber noch herumspringt, ist nicht so schnell dran wie ein Kind, das Atemnot hat.“

Kinderklinik Bochum voll mit RSV- und Grippe-Patienten – Kinderärztin aus Dortmund auch sauer auf Eltern

Derweil geben einzelne Ärzte, etwa eine Kinderärztin aus Dortmund, eine Teilschuld an den vollen Notaufnahmen auch den Eltern. „Die elterlichen Kompetenzen bezüglich Erkrankungen sind teilweise geschmälert“, sagte die Dortmunder Kinderärztin Hendrike Frei jüngst im Gespräch mit RUHR24.

Prof. Dr. Thomas Lücke ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. Er ist gleichzeitig Klinkleiter.

In der Politik sieht man die Lage in den chronisch unterfinanzierten NRW-Kinderkliniken noch machbar. NRW-Gesundheitsminister Joseph Laumann (CDU) sagte jüngst im Landtag, die Kinderkliniken stünden aktuell zwar unter einer „erheblichen Anspannung“. Das Land bekomme aber „mit größter Anstrengung“ die Versorgung der kleinen Patienten hin.

NRW-Gesundheitsminister Laumann hält aktuelle Situation in Kinderkliniken nicht für ungewöhnlich

Virus-Infektionen ähnlich der aktuellen RSV-Infektionswelle habe es auch schon in früheren Jahren gegeben und Kliniken und Personal für die Kleinen „bis zum Anschlag“ gefordert. Auch Verlegungen von erkrankten Kindern mit besonderen Rettungsdiensten in Kliniken mit freien Plätzen seien möglich, sagte Laumann.

Außerdem werde die Kindermedizin jetzt in das deutschlandweite Kleeblatt-System aufgenommen. Das System soll Überforderungen bei einzelnen Krankenhäusern vermeiden, indem Patienten zunächst innerhalb eines Kleeblatts (in alle Himmelsrichtungen) verlegt werden (hier weitere Bochum-News bei RUHR24 lesen).

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigt Hilfe für Kinderkliniken an

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat schon Hilfsmaßnahmen, etwa im Pflegebereich, angekündigt. Zuletzt wurde im Bundestag zudem ein Gesetzespaket zu Krankenhäusern beschlossen, das unter anderem mehr Geld für Kinderkliniken bringen soll. Für Kinderkliniken soll es 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro zusätzlich geben.

Die Krankenhäuser in NRW verringern nach aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts (IT.NRW) seit 2018 ihre Bettenzahl in Fachabteilungen für Kinder. Demnach ging die Zahl der Betten in den Hauptfachabteilungen Pädiatrie, Kinderkardiologie, Neonatologie und Kinderchirurgie von fast 4800 auf rund 4530 in 2021 zurück. Mit DPA-Material

Rubriklistenbild: © Hans Blossey, Ulrich Wagner/Imago; Collage: RUHR24

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