Frauen im Handwerk

Schornsteinfegerin Julia aus Bochum: Nicht nur in der Liebe hat sie Glück

Schornsteinfegerin Julia aus Bochum ist Bezirksmeisterin in Herne. Neben ihrem Beruf als Handwerkerin dreht sie Content für Social Media.

Bochum – Zylinder, Arbeitsschuhe und Messgeräte: Julia Bothur aus Bochum ist Schornsteinfegerin. „Ich komme aus einer echten Handwerkerfamilie. Mein Papa und meine große Schwester haben sogar auch Schornsteinfeger gelernt“, erklärt die 38-Jährige voller Stolz. Für sie war schon immer klar: Das will ich auch. RUHR24 hat mit ihr über schwarze Nasen, Koks und Social Media gesprochen.

Schornsteinfegerin Julia aus Bochum kennt ihre Kunden in Herne seit ihrer Kindheit

Für sie ist es vor allem das positive Image, was sie heute immer noch von ihrem Beruf überzeugt. „Wenn ich morgens aufstehe und denke, dass das Leben schön ist, geht es auch gleich ganz anders voran. Das ist eine innere Einstellung“, erklärt die Schornsteinfegerin.

Dass sie so positiv durchs Berufsleben schreitet, hat sie vor allem den Kunden zu verdanken, meint sie. Viele kennt sie nämlich schon seit ihrer Kindheit. „Mein Papa hatte meinen Kehrbezirk in Herne bereits 30 Jahre lang. Danach habe ich mich beworben und den Zuschlag bekommen“.

Auch wenn ihr der Beruf als Schornsteinfegerin meistens Spaß mache, habe sie natürlich auch manchmal keinen Bock. „Das liegt dann zum Beispiel am Wetter. Wir sind ja sehr viel draußen“, erklärt sie im Interview mit RUHR24. Doch wie sieht der Alltag für eine Schornsteinfegerin heutzutage überhaupt aus?

„Die Kinder fragen nach einer schwarzen Nase“ – Bochumerin ist moderne Schornsteinfegerin

„Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Natürlich mache ich auch noch das traditionelle Schornsteinfegen. Das macht mir auch großen Spaß. Besonders wenn die Kinder nach einer schwarzen Nase fragen, weil das Glück bringt“.

Auf der anderen Seite arbeitet Julia aber auch mit moderner Technik. Sie nimmt Messwerte bei Heizgeräten, führt Brandstättenschauen durch. Auch das Thema Energiesparen ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. „Für Themen wie dieses habe ich mich auch viel weitergebildet. So bin ich nicht nur Meisterin, sondern auch Ingenieurin und unterrichte Meisterschüler, was mir großen Spaß macht“.

Julia aus Bochum ist Bezirksschornsteinfegerin für Herne

Außerdem ist sie keine gewöhnliche Schornsteinfegerin, sondern Bezirksmeisterin für Herne. Hierfür musste sie wichtige Punkte während ihrer gesamten Ausbildung sammeln. Dann hat sie sich beworben und wurde für sieben Jahre angenommen „Das war früher anders. Da hat man das dann auf Lebenszeit gehabt“.

Julia aus Bochum ist Schornsteinfegerin aus Leidenschaft.

Heutzutage muss sie sich nach sieben Jahren wieder bewerben, was auch meistens klappen würde. Wichtig sei es aber, dass sie sich regelmäßig fortbildet. Auch die Ordnungsbehörden würden Bezirksschornsteinfeger speziell überwachen. Julia ist nämlich in ihrem Bezirk für die wichtige Brandstättenschau verantwortlich.

„Etwa alle drei Jahre schaue ich mir den Schornstein an und überprüfe weitere Brandstätten“. Auch Gas-Heizungen muss sie überprüfen. Die normalen Messungen zwischendurch dürfen auch andere Betriebe übernehmen.

Schornsteinfegerin aus Bochum ist überzeugt: „Jede Frau kann diesen Beruf ausüben“

Als Frau werde sie von den Kunden durchweg positiv empfangen. „Die finden das einfach ein schönes Bild. Ich habe bisher keine schlechten Erfahrungen aufgrund meines Geschlechts gemacht. Was aber natürlich wichtig ist, ist, dass man schwindelfrei ist. Dann kann aber jede Frau diesen Beruf ausüben, wenn sie ein bisschen Spaß an Mathe hat“.

Als Schornsteinfegerin geht es für Julia Bothur in Herne hoch hinaus.

Dass mehr Frauen Lust auf den Beruf des Schornsteinfegers haben, macht sich in den Klassen in NRW bemerkbar. Auch wenn es immer noch reine Jungs-Klassen gibt, sind auch immer öfter Mädels dabei. Das ist Julia ein großes Anliegen. Sie ist eine der ersten Frauen, die auch in einer Meisterschule unterrichten.

„Klar stehe ich da auf der Seite der Mädchen. Aber man sollte ehrlicherweise sagen, dass es in unserem Beruf beides gibt: Tolle Frauen und tolle Männer“. Viel wichtiger sei es aktuell, dass überhaupt Nachwuchs nachrückt. „Wir leiden sehr unter dem Fachkräftemangel“, erklärt sie.

Instagram gegen Fachkräftemangel – 38-jährige Schornsteinfegerin aus Bochum bei Instagram

Auch deshalb macht die 38-Jährige gern Werbung für das Handwerk über ihren Instagram-Kanal. Unter „Schornsteinfegermeisterin_Julia“ erreicht sie eine Community von mehr als 4.000 Followern. „Das ist für eine Handwerkerin viel“, erklärt sie. Auch insgesamt habe Social Media einen immer größeren Stellenwert eingenommen. Andere wünschen sich, dass ihre Leidenschaft zum Beruf wird, wie Hendrik. Er ist Freestyle-Eisläufer und Influencer aus Dortmund.

„Social Media ist jetzt schon fast ein zweiter Beruf. Aber es lohnt sich“, findet Julia. So wurde sie schon als Botschafterin für das Handwerk zum Bundesbildungskongress eingeladen. Was ihr aber noch viel wichtiger ist: Junge Frauen werden durch Instagram auf den Beruf der Schornsteinfegerin aufmerksam.

„Die sehen dann, dass ich Handwerkerin bin, aber trotzdem auch eine normale Frau sein kann“, erklärt Julia. Einen entscheidenden Vorteil bringe der Beruf jedenfalls für Frauen mit sich: Flexibilität. „Bei uns ist es kein Problem, mittags mal ein Kind aus der Kita abzuholen oder den Nachwuchs mit auf den Betrieb zu nehmen“. War bei ihr selbst als Kind ja auch nicht anders.

Schornsteinfegerin aus Bochum hat Glück in der Liebe

Ob sie denn mehr Glück habe? Drängt sich noch als Frage auf. Julia lacht: „Bestimmt nicht mehr als andere“ Wo wir wieder bei der inneren Einstellung wären. „Ich glaube, man sollte generell mit sich im Reinen sein“, erklärt sie. Zumindest in der Liebe hatte Julia Glück und hat – wie sollte es auch anders sein – sich einen Handwerker angelacht.

Julia Bothur setzt auf Social Media darauf, dass sie Handwerkerin und Frau sein kann.

„Er ist Malermeister und wohnt in Norddeutschland. Wir führen eine Fernbeziehung“. Beide arbeiten viel und ständig. Von ihrem Kehrbezirk im Ruhrgebiet will Julia auch gar nicht weg (mehr News aus Bochum bei RUHR24).

Zechenhäuser und Koks – Schornsteinfegerin Julia liebt das Ruhrgebiet

„Ich bin ein echtes Ruhrgebietskind. In meinem Beruf nehm ich auch viele Zechenhäuser mit. Da hat sich aber schon was geändert. Zur Zeit meines Vaters haben noch viele mit Koks geheizt. Das ist heute nicht mehr so“. Generell würde sie die offene, lustige Art im Pott schätzen. Und an diese tollen Menschen hat sie einen Appell:

„Ich wünsche mir, dass mehr junge Menschen ins Handwerk gehen. Ihr habt hier viele Möglichkeiten. Die meisten Schornsteinfeger arbeiten in Innungsbetrieben mit Tarifverträgen. Davon kann man gut leben“. Scheint als hätte Julia doch mächtig Glück gehabt. Oder ist es nur die innere Einstellung?

Rubriklistenbild: © Julia Bothur

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