Heftige Debatte entbrannt
Bochumer Feuerwehr und Bürgerinitiativen fordern Böllerverbot an Silvester
In der Bochumer Silvesternacht kam es zu Ausschreitungen und Bränden. Nicht nur die Feuerwehr, sondern auch Bürgerinitiativen fordern Veränderungen.
Bochum – In der Silvesternacht kommt es durch Feuerwerkskörper immer wieder zu Bränden und teils schweren Verletzungen. In Bochum war die Situation zum Jahreswechsel 2022/2023 aber besonders dramatisch. Nicht nur Bochums Feuerwehr-Chef, sondern auch das „Bochumer Klimaschutzbündnis“ (BoKlima) sowie die Bochumer „Stadtgestalter“ haben die Faxen dicke – geht es nach ihnen, dann werden zukünftige Silvesterfeiern anders ablaufen.
Bochumer Feuerwehr und Bürgerinitiativen fordern Böllerverbot – Polizei ermittelt nach Krawallen
Nicht alle Feierwütigen halten sich in der Silvesternacht an die Regeln und gehen verantwortlich mit den Feuerwerkskörpern um. Besonders sichtbar wurde das, als im Bochumer Bermudadreieck gegen 0:30 Uhr Unbekannte damit wahllos auf Unbeteiligte sowie auf Beamten schossen.
Sogar eine Schreckschusspistole wurde gezückt. Die Bochumer Polizei ermittelt nun nach den Tatverdächtigen und gab an, „die Straftaten konsequent verfolgen zu wollen“. Derartige Ausschreitungen hatten die Polizei im Ruhrgebiet sowie die Kliniken vor den Feierlichkeiten bereits befürchtet – und an die Vernunft der Leute appelliert.
In der Bochumer Innenstadt brannte es zu Silvester 51 Mal – Feuerwehr im Dauereinsatz
Scheinbar vergeblich. Denn auch die Feuerwehr Bochum zog nach der Schreckensnacht eine düstere Bilanz. Angesichts der 51 Brände im Stadtgebiet, die die Feuerwehr löschen musste, sprach sich der Feuerwehr-Chef Simon Heußen gegenüber der WAZ für ein klares Böllerverbot aus. Zu Silvester 2021/2022 hatte die Feuerwehr noch ganze drei Brände in Bochum verzeichnet – allerdings herrschte da auch im Rahmen der Corona-Beschränkungen ein allgemeines Böllerverbot.
Insgesamt seien 150 Kräfte im Einsatz gewesen. Neben Mülltonnen, Hecken oder Fahrzeugen hätten auch Container in Flammen gestanden. Auf RUHR24-Nachfrage erklärte die Feuerwehr Bochum, dass zwar keine Einsatzkräfte verletzt worden seien, die Zahl der Brände sei aber ungewöhnlich hoch gewesen. „Das war richtig viel“, zeigte sich auch Heußen schockiert und nachdenklich.
Bochumer Lokalinitiativen „BoKlima“ und „Stadtgestalter“ fordern Böllerverbot
Nicht nur aufgrund von Bränden, Schwerverletzten oder gar Todesfällen sind Feuerwerkskörper in den Händen von Privatpersonen verschiedenen Bochumer Lokalinitiativen ein Dorn im Auge. Die Aggression gegen die Polizei, Lärmbelästigungen, Gehörschäden, Müllberge, der Stress für Tiere und nicht zuletzt die Luftverschmutzung sind weitere Nebenwirkungen des Böller- und Raketenspaßes. Darauf verweist das Bochumer Klimaschutzbündnis „BoKlima“
Auch die Bochumer „Stadtgestalter“, eine kleine kommunalpolitische Wählergruppe im Bochumer Stadtrat, will der selbstverantworteten Böllerei, häufig unter Alkoholkonsum, zu Silvester ein Ende setzen. Ratsmitglied Dr. Volker Steude fordert ein Umdenken im Stadtrat und wirft einen Bürgerentscheid zu einem möglichen Böllerverbot, neben den bereits möglichen Böllerverbotszonen, in den Raum.
Bochumer Böllergegner wollen Bürgerentscheid durchsetzen – Antwerpen als Vorbild?
„Ein professionelles Feuerwerk könnte durch Illuminationen, Lasershow-Elementen und Lichttechnik den Einsatz von Sprengstoffen verringern, ohne dafür an Showeffekte einzubüßen“, erklärt er. „Der Eintrag von Feinstaub und von Plastik in die Umwelt wäre dadurch deutlich reduziert. Haus- und Wildtiere würden sich ebenso freuen“.
Auch BoKlima spricht sich für einen Bürgerentscheid zu einem möglichen Böllerverbot aus. In einem offenen Brief erklärt Ingo Franke, Sprecher des Bündnisses: „Die Entscheidung sollten Bochums Bürger und Bürgerinnen treffen, indem Ihnen vom Rat unserer Stadt die alternativen Lösungsmöglichkeiten im Rahmen eines Bürgerentscheids (...) zur Wahl gestellt werden“. Bald schon werde man dafür eine Petition einreichen, heißt es.
Bochumer Feuerwehr-Chef hält Debatte um Feuerwerksverbot für „absolut sinnvoll“
Ein zentrales Feuerwerk bei gleichzeitigem privatem Böllerverbot in der Innenstadt, wie es beispielsweise in Antwerpen gilt, könnte laut der Stadtgestalter eine ernsthafte Option für zukünftige Silvesterfeiern in Bochum sein. Auch Feuerwehr-Chef Heußen hält „die Debatte um eine bundesweite Regelung zu einem generellen Feuerwerksverbot“ für „absolut sinnvoll“.
Schließlich habe er in den letzten zwei Jahren, in denen das Böllerverbot galt, „schön Silvester“ feiern können. Für ihn könnte ein zentral gesteuertes Profi-Feuerwerk für alle eine Lösung sein.
Bundesregierung zeigt sich bestürzt über Silvesterkrawalle – lehnt aber bundesweites Böllerverbot ab
Egal, ob nun das Böllerverbot zu Silvester in Bochum oder anderen Ruhrgebiets-Städten kommt oder nicht. Einig sind sich die Bürgerinitiative und die Feuerwehr darin, dass sich die Ereignisse zu Silvester 2023 „auf keinen Fall wiederholen“ dürfen.
Wenig Hoffnung dürfte ihnen indes das Statement der Bundesinnenministerin Nancy Faeser machen. Zwar zeigte sie sich nach Angaben der ARD angesichts der Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht „fassungslos und wütend“. Außerdem forderte sie, die Verursacher „mit der ganzen Härte des Gesetzes“ zu bestrafen. Wie auch das Handelsblatt berichtet, erteilte die Bundesregierung jedoch einem allgemeinen Böllerverbot eine Absage.
Rubriklistenbild: © T.Seeliger/ Imago