„Gib mir meine Legionen zurück!“

Bochumer Forscherin gelingt archäologischer Sensationsfund: „Riesige Chance“

Wo genau fand die Varusschlacht statt? Bochumer Forscher haben einen sensationellen Fund gemacht. Er betrifft eine der untergegangenen Legionen.

Bochum – Vielen ist die Niederlage der Römer gegen einen Stammesverband der Germanen in der sogenannten „Varusschlacht“ im Jahr 9. nach Christus wohl ein Begriff. Doch wo genau fand die militärische Auseinandersetzung statt, in der laut antiker römischer Geschichtsschreiber drei Legionen samt Gefolge vernichtet wurden? Eine Bochumer Wissenschaftlerin des Bergbau-Museums Bochum (DBM) hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit etwas Erstaunliches herausgefunden.

Forscherin aus Bochum untersucht antikes Metall – und findet Hinweis auf Varusschlacht

Seit Jahrzehnten streiten sich Historiker und Archäologen um den Ort der Varusschlacht. Vieles deutet auf den archäologischen Fundplatz in einer Senke bei Kalkriese-Niewedde hin. Hier steht auch das Museum und der Park Kalkriese, wo Besucher selber auf Spurensuche gehen können. Doch fand hier wirklich die Schlacht statt, in welcher der cheruskische Deserteur Arminius mit seinen Kriegern die Römer aus dem Hinterhalt besiegte?

Zweifellos haben in Kalkriese Römer und Germanen gegeneinander gekämpft, eine römische Armee ging in der Folge unter. Doch anstatt der Varusschlacht könnte es sich hier auch um ein Schlachtfeld im Rahmen der Rachefeldzüge des Germanicus handeln. Diese begannen allerdings erst fünf Jahre später.

Ort der Varusschlacht noch nicht endgültig geklärt – Ergebnisse aus Bochum lassen aufhorchen

Aus dem fernen Bochum kommt nun ein womöglich entscheidender Hinweis. Annika Diekmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Bochum, hat in einem Forschungsprojekt, an dem verschiedene Institute wie das DBM Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen zusammenarbeiten, eine Legion nachweisen können: Genauer gesagt die 19. Legion. Zusammen mit der 17. und 18. Legion ging sie in Germanien unter.

„Kriminaltechnisch wäre jetzt der Täter überführt“, erklärt Dr. Stefan Burmeister, Geschäftsführer des Museums und Parks Kalkriese. „Die Spurensicherung hat ein weiteres starkes Indiz für Kalkriese als Ort der Varusschlacht erbracht“.

Bochumer Forscherin untersucht mit ihrem Team römische Metalle – fand Varusschlacht bei Kalkriese statt?

Dank einer „neuen, innovativen Methode“ habe man „ein starkes Ergebnis erzielt“. Doch wie genau ist Annika Diekmann mit ihrem Team an Materialkundlern des DBM der 19. Legion auf die Spur gekommen (mehr News aus NRW auf RUHR24)?

Dank des sogenannten metallurgischen Fingerabdrucks haben die Bochumer Forscherinnen und Forscher im Rahmen eines Projekts römische Funde analysiert. Mit diesem Verfahren lassen sich laut dem DBM „Buntmetalle römischer Legionen in ihrer Zusammensetzung unterscheiden“. Dabei achten die Forschenden auf bestimmte Muster chemischer Zusammensetzungen, erklärt das DBM auf seiner Homepage.

19. Legion des Varus kämpfte bei Kalkriese – Bochumer Forscher finden den Beweis

An sieben Standorten, an denen nachweislich Legionen stationiert waren, hat Annika Diekmann mit ihrem Team derartige Buntmetalle untersucht. „So können wir den Legionen, von denen wir wissen, an welchen Lagerstandorten sie stationiert waren, einen eigenen legionsspezifischen metallurgischen Fingerabdruck zuordnen“, erklärt sie.

Und siehe da: Beim Vergleich von Buntmetallen aus Kalkriese mit denen aus den verschiedenen Legionsstandorten wurden Übereinstimmungen gefunden. „Beim Abgleich der Funde aus Kalkriese mit den Funden aus den anderen Fundorten, stellen wir fest, dass die Funde aus Dangstetten und Kalkriese signifikante Übereinstimmungen zeigen“, erklärt die Forscherin gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Prange, Forschungsbereichsleiter im DBM und Dr. Stefan Burmeister.

Forscher des Deutschen Bergbau-Museums (DBM) haben eine erstaunliche Entdeckung zur Varusschlacht gemacht.

Bochumer Sensationsfund eröffnet Archäologie „ganz neue Möglichkeiten“

Im süddeutschen Dangstetten war die 19. Legion zuvor stationiert gewesen. Daneben wurden auch Übereinstimmungen zum Lagerstandort Haltern identifiziert. Demgegenüber unterscheidet sich das Metall anderer Legionen, die nicht an der Varusschlacht teilgenommen haben, deutlich von den Funden aus Kalkriese.

Das Fazit ist ein Meilenstein bei der Suche nach dem Ort der Varusschlacht: „Wir können die 19. Legion in Kalkriese identifizieren“, so die Forschenden. Dennoch ist dem Bochumer Forschungsteam klar, dass die Untersuchungen mit dem Sensationsbefund noch lange nicht am Ende sind. Der legionsspezifische metallurgische Fingerabdruck sei aber „eine riesige Chance“ und eröffne der Archäologie „ganz neue Möglichkeiten“, erklärt Burmeister weiter.

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